Neue EU-Produktsicherheitsverordnung – Herausforderungen für KMU bei der Einhaltung

Ab dem 13.12.2024 gilt die neue Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit (engl. General Product Safety Regulation, GPSR). Eine Anfrage des Europäischen Parlaments zeigt, dass die GPSR für Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit „erhebliche[n] Anpassungskosten und eine[m] erheblichen Aufwand“ einhergeht (Parlamentarische Anfrage). Gleichwohl ist die Europäische Kommission ihrer Pflicht gem. Art. 17 Abs. 2 GPSR, spezifische Leitlinien zu erlassen, um KMU bei der Einhaltung der GPSR zu unterstützen, bislang nicht nachgekommen (Stand 09.12.2024). Zusätzlich verzögert sich die Anpassung des deutschen Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) an die GPSR durch das Ampel-Aus (S. 4 Amtl. Prot. 197. Sitzung).

Worum geht es?

Die GPSR löst die bisherige EU-Produktsicherheitsrichtlinie ab. Hintergrund sind neue technologische Entwicklungen und Geschäftsmodelle sowie globalisierte Lieferketten. Der regulatorische Wechsel von einer Richtlinie zu einer Verordnung ist auch im Zusammenhang mit anderen Rechtsmaterien zu beobachten. Verordnungen sind im Unterschied zu Richtlinien unmittelbar anwendbares EU-Recht, bedürfen also keiner mitgliedstaatlichen Umsetzung (Art. 228 Abs. 2 und 3 AEUV). Die GPSR bezweckt die Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarkts sowie die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus. Die neuen Vorgaben betreffen Wirtschaftsakteure, die Produkte herstellen oder auf dem Markt bereitstellen. Erfasst sind jegliche Produkte, die nicht wie zum Beispiel Lebensmittel vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.

Die Bundesregierung reagierte auf die GPSR mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des ProdSG und weiterer produktsicherheitsrechtlicher Vorschriften (ProdSG-E). Damit sollen die Regelungen zur Umsetzung der abgelösten EU-Produktsicherheitsrichtlinie aus dem ProdSG gestrichen und Regelungen in das ProdSG aufgenommen werden, die der Durchführung der GPSR dienen. Der Gesetzentwurf wurde nach einer ersten Beratung im Bundestag an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen. Die GPSR genießt als EU-Verordnung Anwendungsvorrang vor dem ProdSG, verdrängt also das nationale Gesetz. Mithin ist für KMU ab dem 13.12.2024 die GPSR maßgebend und das ProdSG wird weitgehend obsolet.

Was ist das Problem?

Die GPSR legt neue Pflichten wie etwa die Pflicht der Hersteller zur Durchführung einer Risikoanalyse und zur Erstellung technischer Unterlagen für alle Produkte fest (Art. 9 Abs. 2 GPSR). Doch wie ausführlich müssen die Risikoanalyse sowie die technischen Unterlagen ausfallen? Die GPSR legt nur Mindestanforderungen fest, die sich an der Komplexität bzw. dem Risikopotenzial des Produkts orientieren (Art. 9 Abs. 2 UAbs. 1 und 2 GPSR, Erwägungsgrund Nr. 33). Die zwischenzeitlich veröffentlichten Antworten der Kommission auf häufig gestellte Fragen zur GPSR helfen nicht weiter, da sie lediglich auf das Erfordernis einer Einzelfallbetrachtung hinweisen (S. 6 GPSR FAQ). Zumindest kündigt die Kommission an, dass die Leitlinien zur GPSR den KMU eine Vorlage für die Erstellung technischer Unterlagen zur Verfügung stellen werden (S. 6 GPSR FAQ).

Warum ist das wichtig?

Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 44 Abs. 1 GPSR verpflichtet, Sanktionsvorschriften zu erlassen. Der deutsche Gesetzgeber beabsichtigt in § 28 Abs. 2 ProdSG-E einen umfangreichen Katalog von Ordnungswidrigkeiten zu erlassen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Durchführung einer Risikoanalyse und zur Erstellung technischer Unterlagen droht KMU ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro (§ 28 Abs. 2 Nr. Nr. 1, Abs. 3 ProdSG-E).