Neues Muster für eine Widerrufsinformation oder: Die Quadratur des Kreises

Auf Banken und Sparkassen kommen bei der Gestaltung von Verbraucherdarlehensverträgen neue Aufgaben zu: Es steht ein neues gesetzliches Muster für eine Widerrufsinformation ins Haus, das – als wäre es nicht schon kompliziert genug – weitere Anpassungen an den konkreten Kreditvertrag erfordert. Die Bundesregierung hat hierzu am 18.11.2020 einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen.

Unzulässigkeit des Kaskadenverweises nach EuGH

Anlass für die Überarbeitung des Musters ist ein Urteil des EuGH vom 26.03.2020. Darin hat der EuGH den so genannten Kaskadenverweis in der Widerrufsinformation, wie er im aktuellen Muster vorgesehen ist, für unzulässig (da europarechtswidrig) angesehen (Blogbeitrag vom 24.04.2020). Der EuGH bemängelt, dass der Verbraucher, um festzustellen, welche Pflichtangaben im Darlehensvertrag enthalten sein müssen, eine gesetzliche Regelung konsultieren müsse (§ 492 Abs. 2 BGB), die wiederum auf weitere gesetzliche Regelungen in einem anderen Gesetz verweist (Art. 247 §§ 6-13 EGBGB).

Prüfung der Pflichtangaben auf der Grundlage des Vertrages

Das EuGH-Urteil geht dahin, dass sich aus dem Darlehensvertrag selbst ergeben muss, welche Pflichtangaben der Vertrag enthalten muss, damit die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Um diesen Hinweis soll also das gesetzliche Muster künftig ergänzt werden. Es soll einen neuen Abschnitt enthalten mit der Überschrift „Für den Beginn der Widerrufsfrist erforderliche vertragliche Pflichtangaben“, nach der eine entsprechende Aufzählung der Pflichtangaben folgt. Diese Aufzählung umfasst 25 Punkte, wobei die Nummern 16 bis 25 nur dann aufzunehmen sind, wenn sie für den entsprechenden Vertrag einschlägig sind.

Notwendigkeit einer klaren und prägnanten Widerrufsinformation

Mit der Wiedergabe der notwendigen Pflichtangaben wird die ohnehin schon ausführliche Widerrufsinformation noch weiter aufgebläht. Es wird kaum noch möglich sein, sie auf nur auf einer Seite abzudrucken, zumal nach manchen Aufzählungspunkten noch zusätzlich erläuternde Hinweise gegeben werden sollen. Das Dilemma hierbei: Nach der EU-Richtlinie ist der Verbraucher „klar und prägnant“ über die Voraussetzungen für den Widerruf zu belehren. Dass eine über mehrere Seiten gehende Widerrufsinformation schlechterdings nicht als prägnant bezeichnet werden kann, liegt auf der Hand. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird daher zurecht geklagt, dass die Vorgaben aus der EU-Richtlinie kaum in Einklang zu bringen sind.

Ausblick

Es hilft nichts, über den Umfang der künftigen Widerrufsinformation zu lamentieren. Banken wie auch Bankkunden werden sich damit abfinden müssen. Bei einigen Eventualangaben mag es übrigens keineswegs eindeutig sein, ob sie für den konkreten Fall einschlägig sind oder nicht. Im Zweifel werden Banken bei der Berücksichtigung eher großzügig verfahren. Denn nach der Rechtsprechung des BGH führt die Nennung von an sich nicht notwendigen Pflichtangaben zu einer (zulässigen) Vereinbarung mit dem Kunden darüber, dass das Anlaufen der Widerrufsfrist an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft wird.

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