Neues vom BAG: Entschädigungsanspruch bei Benachteiligung wegen der Religion durch kirchliche Arbeitgeber

Ganz aktuell hat das Bundesarbeitsgericht im Ergebnis entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber nicht mehr pauschal von Bewerbern verlangen dürfen, eine bestimmte Religionszugehörigkeit zu haben.

Zum Fall:

Eine konfessionslose Sozialpädagogin bewarb sich auf eine durch ein Werk der evangelischen Kirche ausgeschriebene Stelle als Referent/Referentin. Gegenstand der Tätigkeit sollten schwerpunktmäßig die Erarbeitung des Parallelberichts zum deutschen Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention durch Deutschland sowie Stellungnahmen und Fachbeiträge und die projektbezogene Vertretung des evangelischen Werks gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und Menschenrechtsorganisationen sowie die Mitarbeit in Gremien sein. Der Parallelbericht sollte in Beratung mit Menschenorganisationen und weiteren Interessenträgern erstellt werden. Einstellungsvoraussetzung war die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche. Die Konfession musste im Lebenslauf angegeben werden.

Vorspann

Die Klägerin machte vor dem Arbeitsgericht eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wegen Diskriminierung aufgrund der Religion geltend. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, mit der eine Entschädigung von 1.957,73 € zugesprochen wurde, hob das Landesarbeitsgericht in nächster Instanz auf und wies die Klage insgesamt ab.

Danach hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit der Sache zu befassen. Dieses legte dem Europäischen Gerichtshof zunächst die Frage vor, ob die Rechtmäßigkeit der Anforderung der Kirchenzugehörigkeit für eine Stelle überhaupt gerichtlich überprüfbar ist. Der Europäische Gerichtshof bejahte dies.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht

Das Bundesarbeitsgericht sprach der Klägerin eine Entschädigung von zwei Bruttomonatsgehältern in Höhe von 3.915,46 € zu. Eine Entschädigung sei vorliegend aufgrund einer nicht gerechtfertigten Diskriminierung wegen der Religion zuzusprechen gewesen.

Nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nur zulässig, "wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt." Man kann dies so übersetzen, dass es sich bei der Kirchenzugehörigkeit um eine berechtigte Anforderung handeln muss, die für die berufliche Tätigkeit unerlässlich ist. Dies ist dann im Einzelfall zu überprüfen.

Diese Voraussetzungen für eine Rechtfertigung sah das Bundesarbeitsgericht vorliegend nicht als erfüllt an. Vorliegend war nicht erkennbar, dass im konkreten Fall eine wahrscheinliche oder erhebliche Gefahr bestand, dass das Ethos der Beklagten beeinträchtigt würde. Begründet wurde dies damit, dass der/die Referent/Referentin nach außen hin nicht unabhängig handeln konnte.

Fazit

  • Fest steht, dass die Gerichte nunmehr überprüfen können, ob eine Stelle nur mit Personen besetzt werden darf, die der Kirche zugehören.
  • Jedenfalls für solche Tätigkeiten, bei denen einschlägige religiöse Werte nach außen "verkündet" werden, dürfte die Voraussetzung der kirchlichen Zugehörigkeit keine Diskriminierung darstellen und rechtmäßig sein.
  • Kirchliche Arbeitgeber sollten daher bereits im Vorfeld des Bewerbungsverfahrens und der Stellenausschreibung überprüfen (lassen), inwiefern im Einzelfall eine Stelle offen für "jedermann" sein muss. Jedenfalls muss bei der Formulierung von Stellenanzeigen nun besondere Vorsicht walten.