Neues vom EuGH zur WLAN-Störerhaftung

Nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH; Aktenzeichen C-484/14) ist ein Geschäftsinhaber, der sein WLAN kostenlos der Öffentlichkeit zur Nutzung bereitstellt, nicht für Urheberrechtsverletzungen der jeweiligen WLAN-Nutzer verantwortlich. Gleichwohl dürfe er zur Passwortsicherung und Einrichtung von Nutzerkonten verpflichtet werden. Dies hat zur Konsequenz, dass Anbieter offener Netzwerke weiterhin Abmahnungen zu befürchten haben.

DER FALL

Der zugrunde liegende Fall wurde dem EuGH vom Landgericht München I zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 18.09.2014, Aktenzeichen 7 O 14719/12). Im Wesentlichen hatte Tobias McFadden, Mitglied der Piratenpartei und Inhaber eines Geschäfts für Licht- und Tontechnik, ein zu seinem Gewerbe gehörendes, ungesichertes WLAN betrieben, über dessen Zugang ein unbekannter Nutzer rechtswidrig ein Musikwerk zum Download angeboten hat. Rechteinhaber Sony mahnte McFadden wegen dieser Urheberrechtsverletzung ab und verlangt nun Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten. Das Landgericht München I wollte in diesem Zusammenhang vom EuGH unter anderem geklärt wissen, ob der Betreiber eines offenen WLAN in den Genuss der Haftungsprivilegierung für Access Provider kommt und inwieweit dem Rechteinhaber zumindest ein Unterlassungsanspruch zusteht.

DIE WESENTLICHEN RECHTSGRUNDLAGEN

Wesentliche Rechtsgrundlage ist hier Artikel 12 Abs. 1 der Europäischen E-Commerce-Richtlinie (Richtlinie 2000/31/EG), der in Deutschland von § 8 Abs. 1 S. 1 TMG umgesetzt wird. Hierdurch wird die Haftung des Anbieters für die vom Nutzer übermittelten Informationen beschränkt, wenn

  • der Anbieter die Übermittlung nicht veranlasst hat;
  • den Adressaten der Übertragung nicht ausgewählt hat; und
  • die übermittelten Informationen weder ausgewählt noch verändert hat.

DIE ENTSCHEIDUNG

Nach dem EuGH sind diese Voraussetzungen bei WLAN-Betreibern, die ihre Netzwerke zu geschäftlichen Zwecken kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, gegeben. Daher habe der Urheberrechtsinhaber auch keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Anbieter, wenn Dritte das WLAN für Urheberrechtsverletzungen verwendet haben. Gleichwohl dürfe er durch eine gerichtliche oder behördliche Anordnung dazu verpflichtet werden, Dritte durch geeignete technische Maßnahmen daran zu hindern, Urheberrechtsverletzungen mit Hilfe des Netzes zu begehen. Eine solche Maßnahme könne in der Sicherung des Internetanschlusses durch ein Passwort liegen, sofern die jeweiligen Nutzer zum Erhalt der Zugangsdaten ihre Identität offenbaren müssen.

FAZIT/PRAXISHINWEIS

Mit dieser Entscheidung ist geklärt, dass der geschäftliche Anbieter offener Netzwerke zwar keinem Schadensersatzanspruch wegen einer von Dritten über sein Netz begangenen Rechtsverletzung ausgesetzt ist. Allerdings muss er in dem Fall weiterhin damit rechnen, vom Rechteinhaber in Anspruch genommen zu werden. Denn dieser kann nicht nur die Verschlüsselung des WLAN und das Anlegen von Nutzerkonten nach vorheriger Identifizierung der Nutzer verlangen, sondern auch die Erstattung von Abmahn- und Gerichtskosten, die sich auf diese Ansprüche beziehen.

Solange der Gesetzgeber die Haftungsprivilegierung nicht ausdrücklich auch auf Unterlassungsansprüche erstreckt, können kommerzielle WLAN-Betreiber einer Haftung daher nur durch Netzwerkverschlüsselung und Erstellung personalisierter Benutzerkonten entgehen. Ohne Haftungsrisiken ist damit das Anbieten eines anonym nutzbaren WLAN derzeit nicht möglich. Die vom Bundestag eigentlich schon mit Einführung des § 8 Abs. 3 TMG im Juni dieses Jahres beabsichtigte Abschaffung der Störerhaftung für offene WLAN ist damit fehlgeschlagen. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier in nächster Zeit nachbessern wird.

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