Geschäftsführer einer GmbH und Vorstandsmitglieder einer AG sind in der Regel keine Juristen, aber dennoch häufig mit Rechtsfragen konfrontiert. Die vom Gesetzgeber verlangte Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG) erfordert es oftmals, den Rat eines Rechtsanwalts einzuholen. Denn mangelnde Rechtskenntnisse stellen für das Geschäftsführungsorgan keinen Entschuldigungsgrund dar.
Beauftragung eines Rechtsanwalts ist nicht alles
Dabei ist es jedoch nicht damit getan, „einfach“ einen Rechtsanwalt einzuschalten und sich damit der Rechtsfrage und auch einer möglichen Haftung für eine fehlerhafte Beurteilung zu entledigen. Vielmehr bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konkrete Erfordernisse, die es im Falle der Einholung von (Rechts-) Expertenrat zu beachten gilt (Urteil vom 28.04.2015, Az.: II ZR 63/14). Danach kann sich das Geschäftsführungsorgan nur dann wegen eines Rechtsirrtums entlasten, wenn es sich
- unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung aller erforderlichen Unterlagen
- von einem unabhängigen, d.h. von Ergebnisvorgaben unbeeinflussten, und für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt und
- den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzieht.
Dabei wird von einem nicht selbst rechtskundigen Auftraggeber grundsätzlich nicht erwartet, dass er konkrete Rechtsfragen formuliert. Vielmehr kann es den Geschäftsleiter auch entlasten, wenn er sich nach den Umständen der Auftragserteilung darauf verlassen durfte, dass der Rechtsanwalt im Rahmen einer anderweitigen Aufgabenstellung auch die zweifelhafte Frage prüfen werde, selbst wenn diese bei Auftragserteilung nicht ausdrücklich genannt wurde.
Ist der erteilte Rechtsrat plausibel?
Die vom Geschäftsleiter verlangte Plausibilitätskontrolle erfordert keine rechtliche Überprüfung der erhaltenen Rechtsauskunft. Diese könnte er ohne Beauftragung eines weiteren Experten auch nicht leisten. Die Rechtsprechung verlangt jedoch eine Überprüfung, ob
- dem Berater nach dem Inhalt der Auskunft alle erforderlichen Informationen zur Verfügung standen,
- er die Informationen verarbeitet hat,
- er alle sich in der Sache für einen Rechtsunkundigen aufdrängenden Fragen widerspruchsfrei beantwortet hat und
- sich auf Grund der Auskunft weitere Fragen aufdrängen.
Beachtet der Geschäftsleiter diese Anforderungen, so ist er auf der sicheren Seite, unabhängig davon, ob der Rechtsrat des hinzugezogenen Experten richtig ist oder nicht.