Rechtsprechungsannäherung des Bundesgerichtshofs zur Wohnraummiete an die Gewerberaummiete

Mit seinen Entscheidungen vom 19.09.2008, Az.: VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung verbunden werden kann. Insofern nähert sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Kündigung von Wohnraummietverhältnissen derjenigen betreffend die Gewerberaummietverhältnisse an.

Schonfristzahlung bewirkt Fortbestehensfiktion zu Gunsten des Mieters

Anders als bei einem Gewerberaummietverhältnis kann die außerordentlich erklärte fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses nach der Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam werden, wenn der Vermieter spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Klageerhebung der Räumungsklage vollständig durch den Mieter hinsichtlich noch ausstehender Mietzahlungen befriedigt wird. In diesem Fall der sogenannten "rechtzeitigen Schonfristzahlung" wird die zuvor aufgrund des Zahlungsverzugs des Mieters gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB wirksam erklärte fristlose Kündigung unwirksam mit der Folge, dass die Räumungs- und Herausgabeansprüche des Vermieters entfallen und das Mietverhältnis als ununterbrochen fortbestehend zu behandeln ist. Hat der Vermieter jedoch die fristlose Kündigung des Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) hilfsweise oder vorsorglich mit einer ordentlichen Kündigung verknüpft, geht die ordentliche Kündigung nach vorgenannter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ins Leere, sondern bewirkt eine Beendigung des Mietverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist.

Hilfsweise ordentliche Kündigung ist möglich

Insofern hat der Bundesgerichtshof also klargestellt, dass ein Ausgleich der Mietrückstände gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zwar die außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs nachträglich und rückwirkend entfallen lasse, jedoch nicht die gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung. Denn ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise oder vorsorglich eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines aufgelaufenen Zahlungsrückstandes ausspreche, bringe zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung auch dann zum Zuge kommen soll, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung aufgrund eines gesetzlich vorgesehenen Umstandes (wie der vorgenannter Schonfristzahlung) nachträglich unwirksam wird. Die vom Vermieter hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung gehe daher nicht aus dem Grund ins Leere, weil zuvor wirksam eine außerordentliche Kündigung erklärt wurde und es aus diesem Grund überhaupt kein Mietverhältnis im Zeitpunkt der ordentlichen Kündigungserklärung mehr habe vorliegen können, das hätte beendet werden können. Eine solche Betrachtungsweise reiße, so der Bundesgerichtshof, die bei der Auslegung einer Kündigungserklärung zu beachtenden rechtlichen Zusammenhänge und den einheitlichen natürlichen Lebenssachverhalt auseinander, auf den sich die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung stützen würde.

Festzuhalten ist daher, dass eine fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges hilfsweise mit einer ordentlichen Kündigungserklärung verbunden werden kann. Trotz nachträglicher Zahlung der aufgelaufenen Mietrückstände und dadurch eintretender Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ist eine gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung möglich. Die vorgenannte Rechtsprechung führt zum Gleichlauf zwischen den Kündigungsmöglichkeiten bei Wohnraum-Mietverhältnissen und derjenigen bei Gewerberaum-Mietverhältnissen. Bei Gewerberaum-Mietverhältnissen ist nämlich die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zur Unwirksamkeit einer zuvor ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung aufgrund einer Schonfristzahlung nicht anwendbar.

Fazit

Vor diesem Hintergrund ist dem Vermieter stets zu raten, sofern er sich endgültig von dem Mietverhältnis lösen möchte, neben einer außerordentlichen fristlosen Kündigung auch stets die hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zu erklären. Der Bundesgerichtshof hat mit seiner jüngsten Rechtsprechung bestätigt, dass sogar im Fall einer Wohnraummiete eine solche hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung trotz vorhergegangener ausgesprochener fristloser Kündigung Wirkung entfalten kann.