Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes durch Bundestag beschlossen

Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes bleibt weiterhin auf der Tagesordnung. An dieser Stelle haben wir bereits über die jeweiligen geplanten Änderungen berichtet. Nunmehr hat der Bundestag am 21.10.2016 die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes beschlossen. Die wesentlichen Änderungen stellen wir nachfolgend dar:

  • Leiharbeitnehmer dürfen nur noch bis zu einer Höchstdauer von 18 Monaten überlassen werden. Eine davon abweichende Höchstdauer kann in Tarifverträgen für die Branche, in der ein Leiharbeitnehmer eingesetzt wird, vorgesehen werden. Besteht ein solcher Tarifvertrag, kann auch bei einer nicht tarifgebundenen entleihenden Firma durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung die Überlassungsdauer abweichend bis zu höchstens 24 Monaten geregelt werden. Sieht der Tarifvertrag eine über 24 Monate hinausgehende Überlassungsdauer vor, kann diese bei einem nicht tarifgebundenen Entleiher auch durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung übernommen werden. Insgesamt verschlechtert dies die Lage für Arbeitgeber. Eine Überlassungshöchstdauer existierte zuvor nicht. Zudem kann eine längere als die neue Regelhöchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung ausschließlich über die Beteiligung der Gewerkschaften oder, bei nicht tarifgebundenen Entleihern, des Betriebsrates erfolgen. Die Dispositionsmöglichkeiten des Arbeitgebers sind hierdurch erheblich beschränkt. Längerfristige Einsätze von Leiharbeitnehmern werden erschwert bzw. sind nunmehr nicht mehr zulässig. Eine unzulässige Dauer der Überlassung ist bußgeldbewehrt.
  • Die Überlassungsdauer bei der aufeinanderfolgenden Überlassung desselben Leiharbeitnehmers an denselben Entleiher wird zusammengerechnet, wenn die Unterbrechung nicht mindestens drei Monate beträgt. Dies gilt auch, wenn der Leiharbeitnehmer durch einen anderen Verleiher erneut an denselben Entleiher überlassen wird. Bei längeren Überlassungsdauern bedarf es nunmehr eines erhöhten Personaleinsatzes. Damit sind höhere Personalkosten verbunden. Der Entleiher muss somit mindestens für drei Monate auf einen bereits eingearbeiteten und ihm bekannten Leiharbeitnehmer verzichten.
  • Eine Überlassung von Leiharbeitnehmern über die zulässige Höchstdauer oder ohne die erforderliche Überlassungserlaubnis begründet ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher. Der Begründung dieses Arbeitsverhältnisses kann der Leiharbeitnehmer zwar binnen eines Monats widersprechen. Ein vorweg erklärter Widerruf ist jedoch unzulässig. Der Widerruf (die sogenannte Festhaltenserklärung) ist nur möglich, wenn sie gegenüber der Agentur für Arbeit und dem Ver- oder Entleiher vorgelegt wird. Die Agentur für Arbeit muss die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versehen, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat. An die Festhaltenserklärung werden insgesamt sehr hohe Anforderungen gestellt. Jeder Überlassung ist nunmehr die Gefahr immanent, dass ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher begründet und der Leiharbeitnehmer nicht mehr beim Verleiher, wie ursprünglich gewollt und vereinbart, angestellt ist. Zusammen mit den oben dargestellten, komplizierten Abweichungsmöglichkeiten bei der Überlassungshöchstdauer birgt die AÜG-Reform hohe rechtliche Risiken für den Entleiher, dem ein in der Regel unerwünschtes Arbeitsverhältnis aufgedrängt wird, ggf. für den Leiharbeitnehmer, dem ein ungewolltes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher aufgezwungen wird bzw. der einem neuen Arbeitsverhältnis umständlich widersprechen muss, und dem Verleiher, der ggf. seine Leiharbeitnehmer „verliert“.
  • Eine unterschiedliche Vergütung von Stammarbeitnehmern im Einsatzbetrieb und Leiharbeitnehmern ist nur noch eingeschränkt möglich. Durch Tarifvertrag kann in engen Grenzen abgewichen werden. Die Zahlung von abweichendem Arbeitsentgelts an Leiharbeitnehmern ist aufgrund des Tarifvertrages nur bis höchstens 15 Monate zulässig. Ab dem 9. Monat der Überlassung eines Leiharbeitnehmers muss das Arbeitsentgelt bis spätestens zum 15. Monat der Überlassung an das Arbeitsentgelt der Stammarbeitnehmer angeglichen werden. Trotz Tarifvertrages muss ab diesem Zeitpunkt das gleiche Entgelt wie einem Stammarbeitnehmern gewährt werden. Sowohl Entleihern als auch Verleihern drohen nunmehr auch aus diesem Grund höhere Personalkosten. Nach derzeit geltender Rechtlage konnte durch Tarifvertrag dauerhaft ein geringeres Arbeitsentgelt gezahlt werden. Die finanziell günstigere Kompensation bspw. von krankheits- oder elternzeitbedingt abwesenden Stammarbeitnehmern durch Leiharbeitnehmer ist somit erschwert.
  • Leiharbeitnehmer dürfen nicht mehr auf Arbeitsplätzen von Stammarbeitnehmern eingesetzt werden, wenn der Einsatzbetrieb bestreikt wird. Ein Verstoß gegen dieses Verbot kann im Einzelfall eine Geldbuße in Höhe von bis zu 500.000,00 € nach sich ziehen. Streikbedingte Ausfälle können nunmehr schwerlich kompensiert werden. Es drohen hohe Schäden durch Produktions- bzw. Arbeitsausfälle.
  • Das reformierte AÜG tritt nicht, wie ursprünglich geplant, bereits am 01.01.2017, sondern erst am 01.04.2017 in Kraft.

Nunmehr muss das Reformgesetz den Bundesrat passieren. Hierüber hat dieser am 04.11.2016 beraten. Die Entscheidung des Bundesrates steht am 25.11.2016 an.

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