Soll ich beim Verkauf meines Unternehmens die Probleme beim Namen nennen?

Die Bedeutung des Garantiekatalogs im Unternehmenskaufvertrag wird auf Verkäuferseite immer wieder unterschätzt. Dabei wird übersehen, dass insbesondere professionelle Käufer über Schadenersatz für Garantieverletzungen gar nicht mehr so selten eine nachträgliche Kaufpreisreduzierung anstreben. Die Garantien sind also mit höchster Sorgfalt zu formulieren. Das dürfte mittlerweile auch weithin bekannt sein.

Der Garantiekatalog wird aus den Ergebnissen der Due Diligence entwickelt. Dabei stellt der Verkäufer dem Käufer die Dokumente zur Verfügung, die der Käufer angefordert hat. Alles, was dem Käufer auf diesem Weg zur Verfügung gestellt wird, gilt – auf Drängen des Verkäufers – als dem Käufer bekannt, so dass dann daraus keine Garantieverletzungen mehr geltend gemacht werden können.

Was aber, wenn dem Verkäufer ein Problem bekannt ist, zu dem der Käufer keine Informationen angefordert hat? Muss der Verkäufer über derartige Sachverhalte ungefragt aufklären? Hiervor scheut jeder Verkäufer natürlich zurück, um den Käufer nicht zu verschrecken.

In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG München (Urteil vom 03.12.2020 – 23 U 5742/19, NZG 2021, 423) die Maßstäbe für diese „unangenehmen“ Aufklärungspflichten des Verkäufers auf Grundlage der bisherigen BGH-Rechtsprechung konkretisiert:

  1. Der Verkäufer ist verpflichtet, den Käufer auch ungefragt über konkrete Vorkommnisse zu informieren, die gewichtige Anzeichen für eine anhaltende Krise der Gesellschaft sind.
  2. Einmal gemachte unwahre Angaben des Verkäufers werden auch nicht dadurch wieder „ausgeglichen“, dass dem Käufer Geschäftsunterlagen übergeben werden, die ihrerseits kein klares, vollständiges Bild der Gesellschaft zeichnen.
  3. Der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss betreffend Rechte und Ansprüche wegen Mängeln erfasst nicht die Haftung des Verkäufers für derartige Aufklärungspflichtverletzungen.

Hier hatte der Verkäufer wahrheitswidrig erklärt, dass „das ganze jetzt wieder erheblich ins Plus“ gehe. Die durch den vertragsreuigen Käufer erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung griff deshalb durch, verbunden mit der durchaus dramatischen Rechtsfolge der Nichtigkeit des gesamten Vertrags.