So fasste einer der Teilnehmer die Sitzung einer Arbeitsgruppe des Bundesverbandes Ärztlicher Leiter Rettungsdienst zusammen, an der ich am 16. und 17. April 2016 teilgenommen habe. Gegenstand war eines der wichtigsten Themen des deutschen Rettungswesens: Die Gabe von Schmerzmedikamenten durch nichtärztliches Rettungsfachpersonal.
Die Problematik reiht sich in eine seit Jahren geführte Diskussion ein, deren Hintergrund die immer stärkere Professionalisierung des Rettungsdienstes ist. Welche medizinischen Maßnahmen darf nichtärztliches Rettungsfachpersonal in eigener Verantwortung vornehmen, also dann, wenn kein Notarzt den Einsatz leitet? Rechtlich geht es dabei um ganz verschiedene Fragen:
- Im Verhältnis zum Notfallpatienten stellen sich invasive Maßnahmen als Körperverletzung dar, die nach den Regeln über medizinische Heileingriffe gerechtfertigt werden muss – was unter anderem die Frage aufwirft, wann man eine mutmaßliche Einwilligung in die Behandlung durch nichtärztliches Personal annehmen darf.
- Die Ausübung der so genannten Heilkunde ist nach dem Heilpraktikergesetz grundsätzlich an eine ärztliche Approbation oder spezielle Erlaubnis gebunden. Rettungsfachpersonal erhält keine solche Erlaubnis.
- Beim Einsatz von Medikamenten in medizinischen Notfällen taucht immer wieder einmal das Problem des so genannten Off-label-use auf, also eines Einsatzes von Medikamenten außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Ärzten ist dies rechtlich gestattet, aber was ist mit Rettungsfachpersonal?
Ich habe zu diesem Themenkomplex an verschiedenen Orten Stellung genommen, unter anderem in zwei ausführlichen Fachaufsätzen (Neupert, Medikamentengabe durch Rettungsassistenten? Die selbständige Vornahme invasiver notfallmedizinischer Maßnahmen durch Rettungsassistenten nach geltendem Recht, MedR 2009, 649 – 654 und Lechleuthner / Neupert, Tätigkeit als Notfallsanitäter im öffentlichen Rettungsdienst. Anwendung von Maßnahmen zur Lebensrettung und zur Abwehr schwerer gesundheitlicher Schäden, in: Notfall + Rettungsmedizin 2015, S. 413 – 420).
Die frühere unversöhnliche Härte in dieser Frage ist mittlerweile differenzierten medizinisch-fachlichen Auseinandersetzungen gewichen. Juristische Stellungnahmen sind gefragt, weil das Fachpersonal in kritischen Bereichen arbeitet und – natürlich – keine rechtlichen Nachteile riskieren will.
Die Schmerzmittelgabe durch Nichtärzte ist die neueste und praktisch wichtigste Entwicklung. In einer Reihe von medizinischen Notfällen spielen starke und stärkste Schmerzen eine Rolle, und manchmal ist notärztliche Hilfe nicht so schnell verfügbar, wie das wünschenswert wäre. Auf der anderen Seite sind die zum Einsatz kommenden Medikamente nicht mit der Hausapotheke vergleichbar, sondern hochpotent und dementsprechend risikobehaftet. Fehlanwendung oder Nebenwirkungen können zu schwersten Gesundheitsschäden führen, insbesondere bei den Notfallpatienten, die sich sowieso in medizinischen Ausnahmezuständen befinden.
Welche rechtlichen Aspekte in dieser Situation eine Rolle spielen und wie man am besten mit den juristischen Risiken umgehen könnte, habe ich gemeinsam mit einer Gruppe erfahrener Chefnotärzte aus ganz Deutschland diskutiert. Das war für alle Beteiligten erkenntnisreich, aber wir haben eine Grundlage für eine wesentliche Weiterentwicklung geschaffen, die sich in der ganzen Bundesrepublik auswirken wird. Nicht morgen, aber in den nächsten Jahren.
„Später werden wir sagen: Wir sind dabei gewesen“, als dieser Schritt getan wurde. Und mit der gleichen Überzeugung werden wir auch die weiteren Schritte gehen. Denn an Detailarbeit herrscht kein Mangel.