Anfang Juni hat die Konferenz der Innenminister zur Stiftungsrechtsreform getagt. Die Beschlüsse der Konferenz sind nun öffentlich einsehbar. Das Bundesinnen- und Justizministerium wurde beauftragt, einen Gesetzentwurf zur Reform des Stiftungsrechts auf Grundlage des zweiten Berichts der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Stiftungsrecht" zu erarbeiten. Sollte die Stiftungsrechtsreform kommen, wäre dies die mittlerweile dritte umfassende Reformierung der §§ 80 ff. des BGB seit dem Jahr 2002, während das Stiftungsrecht zuvor knapp hundert Jahre seit Einführung des BGB einen Dornröschenschlaf durchlebte.
Vornehmlicher Zweck der aktuellen Reformbestrebungen ist insbesondere die bundesweite Vereinheitlichung des Stiftungsrechts, das bislang durch ein Nebeneinander von Bundesrecht (§§ 80 ff. BGB) und landesrechtlichen Stiftungsgesetzen geprägt ist, was nicht nur einen regulatorischen Flickenteppich, sondern auch eine uneinheitliche Anwendungspraxis der Aufsichtsbehörden zur Folge hat. Dementsprechend sieht der Diskussionsentwurf des zweiten Berichts der Bund-Länder-Arbeitsgruppe eine Ausdehnung des BGB-Stiftungsrechts von zurzeit acht Paragraphen auf zukünftig dreißig Paragraphen vor.
Insgesamt beinhaltet der Gesetzentwurf sowohl Licht als auch Schatten. Hier eine kleine Auswahl:
Schwerpunkt: Stiftung in der Krise
Hatte sich die Stiftungsrechtsreform 2002 maßgeblich auf die Gründungsvoraussetzungen der Stiftung beschränkt, liegt nunmehr ein Schwerpunkt des Gesetzentwurfs auf der Stiftung in der Krise. Praktischer Hintergrund ist die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase, die dazu führt, dass ein nicht unerheblicher Teil von Stiftungen ihren Zweck aus den Stiftungsmitteln nicht mehr nachhaltig verwirklichen kann. Der Gesetzentwurf kommt denjenigen Stimmen in der Stiftungsrechtspraxis entgegen, die bundeseinheitliche und praxistaugliche Regelungen für eine Satzungs- und Zweckänderung sowie für die Zusammenführung von Stiftungen fordern. Neu ist dabei insbesondere, dass bundeseinheitliche Regelungen für die Satzungs- und Zweckänderung sowie Aufhebung der Stiftung durch die Stiftungsorgane vorgesehen sind. Ferner enthält der Gesetzentwurf Regelungen zur Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen. Hier bedarf es jedoch noch weiterer Nachjustierung. Zwar sieht der Diskussionsentwurf eine Regelung vor, wonach bei der Zulegung und Zusammenlegung die Rechte der Destinatäre der zugelegten bzw. zusammengelegten Stiftungen gewahrt werden sollen. Unberücksichtigt bleiben jedoch offenbar weiterhin die Rechte der Anfallberechtigten der zugelegten und zusammengelegten Stiftungen (zum Vorentwurf schon Gantenbrink/Plottek, ZStV 2017, Seite 211).
Namenszusatz überflüssig
Zweifelhaft ist zudem, ob es tatsächlich der Einführung eines zwingenden Namenszusatzes für die Stiftung bedarf. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die rechtsfähige Stiftung zukünftig den Zusatz "rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts" oder die Abkürzung "SbR" zu tragen hat. Für die Verbrauchsstiftung ist der Zusatz "rechtsfähige Verbrauchsstiftung des bürgerlichen Rechts" oder die Abkürzung "VsbR" vorgesehen. Eine praktische Notwendigkeit für diesen Namenszusatz ist nicht erkennbar. Bislang sind Stiftungen auch ohne derartigen Zusatz im Rechtsverkehr aufgetreten, ohne dass dies zu erkennbaren Problemen geführt hätte.
Kein nachträgliches Änderungsrecht des noch lebenden Stifters
Begrüßenswert ist im Übrigen, dass der Gesetzentwurf keine Regelung dahingehend mehr vorsieht, dass dem noch lebenden Stifter ein lebzeitiges Änderungsrecht der Satzung zugesprochen wird.
Enttäuschend: Kein bundeseinheitliches und verbindliches Stiftungsregister vorgesehen
In einem Punkt enttäuscht der Gesetzentwurf jedoch erheblich. Eines der dringlichsten Probleme der stiftungsrechtlichen Praxis wird nicht angegangen. Häufig stellt sich die Frage, wer für eine rechtsfähige Stiftung vertretungsberechtigt ist und wie dies rechtssicher (z.B. bei Beurkundungen gegenüber dem Notar) nachgewiesen werden kann. Daher wird schon seit Jahren die Einführung eines mit öffentlichem Glauben versehenen bundeseinheitlichen Stiftungsregisters gefordert. Ob es hierzu kommen wird, erscheint ungewiss. Die Innenministerkonferenz belässt es bei einem bloßen Lippenbekenntnis, indem sie den vagen Beschluss fasst, die Frage der Einführung eines Stiftungsregisters gemeinsam mit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe weiter zu prüfen.
Eines ist am Ende sicher: Die Stiftungsrechtsreform wird uns noch weiter beschäftigen und bietet genügend Anlass zur Diskussion. Gelegenheit hierzu wird z.B. gegeben auf dem 13. Stiftungsrechtstag an der Ruhr-Universität Bochum, einer der größten deutschlandweiten stiftungsrechtlichen Tagungen.