Streit aus M&A Verträgen künftig konzentriert vor Düsseldorfer Gerichten

Wenn Parteien in NRW künftig aus M&A Verträgen vor staatlichen Gerichten streiten, sind dafür das Landgericht Düsseldorf bzw. das Oberlandesgericht Düsseldorf ausschließlich zuständig. Voraussetzung dafür ist, dass die Streitigkeiten im Zusammenhang mit M&A Verträgen stehen und deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 500.000,00 Euro übersteigt.

Dies ergibt sich aus der „Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten aus den Bereichen der Unternehmenstransaktionen (Mergers & Acquisitions), der Informationstechnologie und Medientechnik sowie der Erneuerbaren Energien des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2021 (nachfolgend „Verordnung“). Nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Düsseldorf sind dort die 24. Zivilkammer und die 2. Kammer für Handelssachen die konkret zuständigen Spruchkörper. Bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf ist der 37. Zivilsenat zuständig.

Laut § 1 der Verordnung erstreckt sich die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf nun auf folgende Bereiche:

- Streitigkeiten aus Kauf- und Tauschgeschäften, deren wesentlicher Vertragsgegenstand ein Unternehmen oder ein Unternehmensteil ist, insbesondere Streitigkeiten:

a) aus dem Kauf oder Verkauf von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Unternehmensbeteiligungen oder

b) aus einem solchen Kauf oder Verkauf vorgelagerten Vertragsverhandlungen.

- Streitigkeiten aus dem Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensanteils im Wege der gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung.

- Streitigkeiten aus Umwandlungsverträgen, die ein Vorgang im Sinne des § 1 Umwandlungsgesetz sind;

- Soweit sich eine andere Zuständigkeit aus der KonzentrationsVO Gesellschaftsrecht vom 8. Juni 2010 (GV. NRW S. 350) in der jeweils geltenden Fassung ergeben würde.

Diese Liste der möglichen Fälle, für die die Zuständigkeitsnorm nach § 1 Nr. 1 der Verordnung (Streitigkeiten aus Kauf- und Tauschgeschäften, deren wesentlicher Vertragsgegenstand ein Unternehmen oder ein Unternehmensteil ist) greift, ist nicht abschließend. Es bleibt damit abzuwarten, wie eng oder weit das Landgericht Düsseldorf seine Zuständigkeit auslegen wird. Vor dem Hintergrund der oben genannten Fälle erscheint eine möglichst umfassende Zuständigkeitskonzentration beim Landgericht Düsseldorf naheliegend zu sein.

Auswirkungen auf die Praxis

Gleichwohl ist der nicht abschließende Charakter der Regelung aus Praxissicht problematisch. Denn die Erhebung vor dem unzuständigen Gericht kann zur Unzulässigkeit der Klage führen. Darüber hinaus wird im Einzelfall zu prüfen sein, wie sich die Neuregelung auf bestehende und zukünftige Gerichtsstandsvereinbarungen auswirkt.

Auch Berufungen in Düsseldorf

Konsequenterweise ist in § 4 Nr. 1 der Verordnung geregelt, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf für Berufungen, sofortige Beschwerden und Beschwerden in Bezug auf diese, dem Landgericht durch § 1 der Verordnung zugewiesenen, Streitigkeiten zuständig ist.

Anhängige Altfälle bleiben unberührt

Ferner stellt § 6 der Verordnung klar, dass es bei Verfahren, die vor dem 1. Januar 2022 erstinstanzlich anhängig gemacht worden sind, für den gesamten Rechtszug bei der bisherigen Zuständigkeit bleibt.

Erste Bewertung

Insgesamt ist die Zuständigkeitskonzentration aus Praxissicht positiv zu bewerten. Es kann erwartet werden, dass die neu eingerichtete Spezialkammer beim Landgericht Düsseldorf bzw. der Spezialsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf mit entsprechend spezialisierten Richterinnen und Richtern besetzt wird und zu einer weiteren Bildung von Spezialwissen bei der Richterschaft beiträgt. Dies wird bei der Bearbeitung der teils hoch-komplexen Post-M&A Streitigkeiten für alle Verfahrensbeteiligte von Vorteil sein.

Diese Spezialisierung der ordentlichen Gerichte wird sich, wenn die Zuständigkeitskonzentration in der Praxis angenommen wird, auf lange Sicht in Konkurrenz zu Schiedsverfahren setzen. Momentan dürfte die hohe Spezialisierung der an Schiedsverfahren mit M&A Bezug beteiligten Schiedsrichter noch für die Wahl eines Schiedsverfahrens streiten. Den ordentlichen Gerichten könnte einerseits neben der Zuständigkeitskonzentration in Zukunft zu Gute kommen, dass diese insbesondere das Erscheinen von Zeugen und Sachverständigen anordnen können. Dafür bedarf es im Rahmen des schiedsrichterlichen Verfahrens der Einbindung der ordentlichen Gerichte. Andererseits spricht für die Wahl eines Schiedsverfahrens insbesondere die Vertraulichkeit des gesamten Verfahrens, was bei einem öffentlichen Verfahren vor ordentlichen Gerichten nicht besteht. Dafür bieten die Düsseldorfer Gerichte zukünftig eine „zweite Chance“ in der Berufungsinstanz, die die Schiedsgerichtsbarkeit regelmäßig nicht vorsieht.

Letztlich dürfte der stärkere Wettbewerb beiden „Systemen“ guttun.