SV Wilhelmshaven darf nicht zurück in die Regionalliga Nord

Der neben Gesellschaftsrecht auch für Vereinsrecht zuständige II. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Beschluss vom 24.04.2020 (Az.: II ZR 417/18) den Antrag des SV Wilhelmshaven auf Zulassung zum Spielbetrieb der Regionalliga Nord trotz zu Unrecht angeordneten Zwangsabstiegs zurückgewiesen. Wie bereits einem entsprechenden Hinweisbeschluss des BGH vom 10.12.2019 (Az.: II ZR 417/18) zu entnehmen ist, sei eine solche Zulassung zur Teilnahme am Spielbetrieb der kommenden Spielzeit nicht vom Anspruch des SV Wilhelmshaven auf Naturalrestitution umfasst.

Worum ging es?

Der SV Wilhelmshaven nahm in der Spielzeit 2013/2014 noch am Spielbetrieb der Regionalliga Nord, der vierthöchsten Spielklasse, teil. Da der Verein sich weigerte, eine vom Weltfußballverband FIFA festgelegte Ausbildungsentschädigung für einen im Jahr 2007 verpflichteten, argentinischen Amateurspieler zu zahlen, beschloss der Beklagte, der Norddeutsche Fußball-Verband (NFV), im Dezember 2013 den Zwangsabstieg des SV Wilhelmshaven zum Ende der Saison 2013/2014. Diesen Beschluss erklärte der BGH mit Urteil vom 20.09.2016 (Az.: II ZR 25/15) jedoch für nichtig, da es für den angeordneten Zwangsabstieg in der Satzung des NFV an einer Grundlage gefehlt habe.

Der inzwischen siebtklassige SV Wilhelmshaven verlangte daher von dem NFV Schadensersatz in Form der Zulassung seiner Mannschaft zum Spielbetrieb der Regionalliga Nord zur nächsten Spielzeit. Nachdem die Klage in den ersten beiden Instanzen keinen Erfolg hatte, verfolgte der SV Wilhelmshaven seinen Antrag mit der Revision weiter.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat die Revision nunmehr zurückgewiesen. Dem SV Wilhelmshaven stehe wegen des rechtswidrigen Eingriffs in sein Mitgliedschaftsrecht durch den Zwangsabstieg zwar ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1, § 31 BGB zu. Dieser Schadensersatzanspruch in Form der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB umfasse jedoch nicht die Zulassung zur Teilnahme am Spielbetrieb in der Regionalliga Nord zur kommenden Spielzeit.

Entgegen der Auffassung des SV Wilhelmshaven sei Gegenstand des rechtswidrigen Eingriffs nicht die Spielberechtigung der Mannschaft in der Regionalliga Nord als solche gewesen, sodass als Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB auch nicht wieder eine entsprechende Spielberechtigung für die nächste Spielzeit einzuräumen sei. Nach dem insoweit maßgeblichen Regelwerk des NFV, d.h. seinem Statut und seiner Spielordnung, handele es sich bei der Spielberechtigung nicht um einen festen, spielzeitunabhängigen Status, der als solcher unabhängig von der jeweiligen Spielzeit hergestellt werden könnte. Vielmehr beziehe sich der mit der Mitgliedschaft verbundene Anspruch auf Teilnahme am Zulassungsverfahren nur auf die jeweils anschließende nächste Spielzeit.

Nach § 249 Abs. 1 BGB könne der SV Wilhelmshaven daher lediglich verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er heute stünde, wenn er zum Ende der Spielzeit 2013/2014 nicht abgestiegen wäre, sondern in der Spielzeit 2014/2015 noch am Spielbetrieb der Regionalliga Nord teilgenommen hätte. Daraus folge aber nicht ohne Weiteres, dass der Verein einen Anspruch auf Wiederzulassung zum Spielbetrieb für die kommende Spielzeit in der Regionalliga Nord habe. Ein solcher Anspruch stünde ihm vielmehr nur dann zu, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen wäre, dass der Verein bei einer Teilnahme an der Regionalliga Nord in der Spielzeit 2014/2015 auch heute noch in dieser Liga spielen würde.

Einen entsprechenden Nachweis habe der SV Wilhelmshaven jedoch nicht erbracht. Dies gehe auch zu seinen Lasten, da es sich um einen von ihm darzulegenden und zu beweisenden Bestandteil der haftungsausfüllenden Kausalität in Form eines Folgeschadens aus der Primärverletzung, d.h. dem Ausschluss von der Teilnahme an der Spielzeit 2014/2015, handele. Insofern könne sich der SV Wilhelmshaven auch nicht auf einen Anscheinsbeweis berufen, da es weder eine Lebenserfahrung gebe, dass eine Mannschaft aller Wahrscheinlichkeit nach in einer Liga verbleibt, deren Qualifikation sie einmal erlangt hat, noch vom Verein vorgetragen oder sonst ersichtlich sei, dass seine Mannschaft in den Spielzeiten vor 2013/2014 stets einen nicht abstiegsgefährdeten Tabellenplatz erreicht hätte.

Fazit

Auch wenn die Entscheidung des BGH aus Sicht des SV Wilhelmshaven unbefriedigend sein mag, ist sie letztlich jedoch konsequent. Es zeigt sich einmal mehr, dass das grundsätzliche Bestehen eines Schadensersatzanspruches oftmals nicht ausreichend ist. Vielmehr sind stets auch der Nachweis und die Substantiierung eines konkreten, kausal auf das ursprüngliche Verletzungsereignis zurückzuführenden Schadens erforderlich.

 

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