Testieren im internationalen Erbfall

Die Zahl internationaler Erbfälle steigt stetig an. Dies ist zum einen mit der wachsenden Mobilität und der Notwendigkeit, auch außerhalb des Heimatstaates zu arbeiten und sich dort niederzulassen, als auch mit einem zunehmenden Interesse am Kauf eines (Zweit‑)Domizils im Ausland zu erklären.

Ein internationaler Erbfall liegt immer dann vor, wenn der Erblasser nicht die Staatsangehörigkeit des Staates besitzt, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder er über Vermögen im Ausland verfügt. Nicht selten vergessen privat testierende Erblasser, dass die von Ihnen getroffenen Anordnungen im Testament möglicherweise aufgrund des auf ihren Erbfall anwendbaren Erbrechts nicht wirksam sein können oder sich die Wirksamkeit testamentarischer Verfügungen in mehr als einer Rechtsordnung bewähren muss.

Bevor daher die Frage der erbrechtlichen Nachfolge geklärt werden kann, ist im internationalen Erbfall zunächst in einem ersten Schritt das anwendbare Erbrecht zu bestimmen. Dieses bemisst sich aus deutscher Sicht regelmäßig nach den Vorgaben der EU-Erbrechtsverordnung. Zur Anwendung gelangt gem. Art. 21 EUErbVO das Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Verstirbt daher z. B. ein Franzose mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin, so findet auf den Erbfall deutsches Erbrecht Anwendung.

Mit dieser Anknüpfung sind gewisse Unsicherheiten verbunden. Bei einem späteren Umzug kann sich das anwendbare Erbrecht ändern. Aus diesem Grund können Erblasser im Testament eine Rechtswahl zugunsten des Rechtes des Staates treffen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Durch eine solche Rechtswahl ist sichergestellt, dass das anwendbare Erbrecht später eindeutig bestimmt werden kann und auch durch Umzüge oder auch längeren Aufenthalt im Ausland keinen Änderungen unterworfen ist.

Je nach Sachverhalt können jedoch staatsvertragliche Regelungen vorrangig vor den zuvor genannten Regelungen der EU-Erbrechtsverordnung zu beachten sein. In Deutsch-Türkischen Erbfällen ist z. B. das Deutsch-Türkische Nachlassabkommen vorrangig zu beachten. Dieses stellt nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers ab, sondern auf dessen Staatsangehörigkeit und den Belegenheitsort unbeweglichen Vermögens. Hier kann es daher zu komplizierten Nachlassspaltungen kommen, wonach ein Teil des Nachlasses deutschem Recht und ein anderer Teil türkischem Recht unterliegt.

Diese vorgenannten Besonderheiten sind bereits bei Testamentserrichtung zu beachten und die Verfügungen darauf hin zu prüfen, ob diese dem auf den Erbfall anwendbaren Recht entsprechen. Nicht selten sind sich Erblasser dieser Problematik nicht bewusst, was im Erbfall ungewollt zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann.

Autorin

  • Handels- und Vertragsrecht
  • Erbrecht
  • Prozessführung und Schiedsverfahren