Traditionelles Brauchtum vs. Gleichberechtigung: Bundesfinanzhof versagt Freimaurerloge die Gemeinnützigkeit

WAS WAR GESCHEHEN

Die Klägerin – eine Freimaurerloge in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts – beantragte beim Finanzamt, sie als gemeinnützig anzuerkennen. Das Finanzamt wie auch im nachfolgenden Klageverfahren das Finanzgericht Düsseldorf versagten die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Die Freimaurerloge fördere keine gemeinnützigen Zwecke, da sie nicht der Förderung der Allgemeinheit diene. Die Satzung sehe vor, dass nur Männer Mitglieder der Loge sein können.

DIE ENTSCHEIDUNG DES BUNDESFINANZHOF

Mit Urteil vom 17.5.2017 bestätigte der Bundesfinanzhof die Rechtsauffassung der Vorinstanz und wies die Revision zurück. Die Klägerin fördere die Allgemeinheit nicht i.S.v. § 52 I 1 AO, da sie Frauen ohne sachlich zwingenden Grund von der Mitgliedschaft ausschließe. Das Tatbestandsmerkmal der Förderung der „Allgemeinheit“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Gehalt wesentlich durch die objektive Werteordnung, wie sie insbesondere im Grundrechtekatalog des Grundgesetztes zum Ausdruck komme, bestimmt werde. Eine Tätigkeit, die hiermit nicht im Einklang stehe, fördere die Allgemeinheit nicht.

Der Ausschluss von Frauen von der Mitgliedschaft in der Loge sei eine Benachteiligung wegen des Geschlechts i.S.v. Art. 3 III GG, die in Ermangelung einer sachlichen Rechtfertigung einen Verstoß gegen die objektive Werteordnung begründe und damit einer Förderung der Allgemeinheit und der Anerkennung der Gemeinnützigkeit entgegenstehe.

Eine sachliche Rechtfertigung folge weder aus der Notwendigkeit, Probleme zu lösen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können noch aus einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht in Form der religiösen Vereinigungsfreiheit i.S.v. Art. 4 I, II GG i.V.m. Art. 140 GG und zuletzt auch nicht aus traditionellen Erwägungen.

FOLGEN FÜR DIE FREIMAURERLOGE

Die Versagung der Gemeinnützigkeit hat erhebliche steuerliche Folgen. Der Gemeinnützigkeitsstatus zieht im betreffenden Veranlagungszeitraum eine Befreiung von der Körperschaftsteuer gemäß § 5 I Nr. 9 KStG nach sich. Auch unterliegt eine juristische Person des Privatrechts mit Gemeinnützigkeitsstatus im ideellen Bereich nicht der Gewerbesteuer und begründet hier keinen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch im Hinblick auf vereinnahmte Mitgliedsbeiträge. Hinzu kommt die Befugnis zum Ausstellung von Spendenbescheinigungen, die der Spender im Rahmen seiner Steuererklärung im Rahmen des § 10b EStG geltend machen kann. All dies bleibt der Loge nun verwehrt.

BREITENWIRKUNG DER ENTSCHEIDUNG

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs dürfte auch die Aufmerksamkeit anderer geschlechtsspezifischer Vereine geweckt haben. Bereits in der Pressemitteilungließ der Bundesfinanzhof verlauten, dass sich das Urteil auch auf Vereine auswirken könne, die die Gemeinnützigkeit in Anspruch nehmen, aber wie z.B. Schützenbruderschaften, Männergesangsvereine oder Frauenchöre Männer oder Frauen ohne sachlichen Grund von der Mitgliedschaft ausschließen. Streitpotential in zukünftigen Veranlagungszeiträumen scheint hier vorprogrammiert. Die betreffenden Vereine dürften daher gut beraten sein, sich bereits frühzeitig mit den Argumentationsmöglichkeiten die das Urteil bietet auseinanderzusetzen.

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