Hintergrund:
Um Arbeitnehmer zu motivieren werden ihnen häufig Sonderzahlungen, z. B. in Form eines Bonus in Aussicht gestellt. Wenig streitanfällig ist dies im Regelfall, wenn konkrete Regelungen zur Berechnung des Bonus vereinbart werden, etwa indem an den Bilanzgewinn oder Umsatzzahlen angeknüpft wird. Weitaus schwieriger wird die Festlegung der Bonushöhe, wenn der Arbeitgeber sich vorbehält, über diese ohne feste Vorgaben zu entscheiden. In diesem Fall greift die Regelung des § 315 BGB, d. h. die Festlegung der Bonushöhe muss billigem Ermessen entsprechen und ist unverbindlich, wenn diese Anforderung nicht erfüllt wird. An die Stelle der unverbindlichen Entscheidung des Arbeitgebers tritt dann eine Bestimmung durch die Arbeitsgerichte.
Aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 03.08.2016 (10 AZR 710/14):
So geschehen im Fall einer internationalen Großbank. Diese entschied, nachdem sie erhebliche Verluste erlitten hatte, einem Managing Director für das Jahr 2011 keinen Bonus zu zahlen, obwohl im Arbeitsvertrag vereinbart war, dass der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem teilnimmt. Andere Mitarbeiter hatten Bonuszahlungen für das Jahr 2011 erhalten, die sich der Höhe nach überwiegend zwischen einem Vierteil und der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung bewegten.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat aus diesen mageren Angaben schlicht einen Anspruch des Managing Director in Höhe von 37,5 % seines Vorjahresbonus „errechnet“. Dabei hat es schlicht unterstellt, dass die persönliche Leistung des Klägers der durchschnittlichen Leistung der anderen Mitarbeiter entsprochen habe. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat dementgegen angenommen, es sei daran gehindert, den Bonus auf diese Weise nahezu ohne Sachverhaltsangeben schlicht zu schätzen und hat die Klage vollständig abgewiesen.
Nicht so das Bundesarbeitsgericht: In der Entscheidung vom 03.08.2016 legt es dar, dass eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinne nicht existiere und es nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen könne, wenn der bestimmungsberechtigte Arbeitgeber zu bestimmten Faktoren, wie etwa der Höhe des zu verteilenden Bonuspools, nichts vortrage. Vom Arbeitnehmer sei Vortrag zu Umständen, die außerhalb seiner Kenntnisbereichs liegen, nicht zu erwarten und er könne regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden. Vielmehr sei die Leistung mangels Vortrag des Arbeitgebers durch das Gericht aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände festzusetzen und eine gerichtliche Leistungsfestsetzung scheide – entgegen der Annahme des Hessischen Landesarbeitsgericht – nur dann ausnahmsweise aus, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlten.
Empfehlung:
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, das extrem wenige Anhaltspunkte bereits für ausreichend hält, um eine Schätzung eines Bonusanspruches vorzunehmen, ist jedem Arbeitgeber, der sich zu Bonuszahlungen ohne feste Rechenvorgaben verpflichtet hat, dringend zu empfehlen, seine Entscheidungsgründe für die Höhe eines Bonus nachvollziehbar festzuhalten. Nur so wird es möglich, in einem möglichen Arbeitsgerichtsprozess in ausreichendem Maße darlegen zu können, warum seine Entscheidung billigem Ermessen entspricht. Fehlender Vortrag führt nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu der Gefahr, hohe Bonuszahlungen allein aufgrund vager Behauptungen des Arbeitnehmers zahlen zu müssen.