Das Thema Corporate Social Responsibility, kurz CSR, gewinnt seit einigen Jahren deutlich an Bedeutung. Der europäische Gesetzgeber hat die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union deshalb im Jahr 2014 dazu verpflichtet, ihre jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften für die Berichterstattung in Lageberichten auszuweiten (Richtlinie 2014/95/EU – die „CSR-Richtlinie“). Da diese Anforderung bis Dezember 2016 umgesetzt sein muss, läuft in Deutschland die Vorstufe zum formalen Gesetzgebungsverfahren an: Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat einen ersten Entwurf erstellt. Dieser Referentenentwurf ist seit Mitte März im Internet abrufbar.
Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern betroffen
Der Entwurf betrifft kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, Mutterunternehmen sowie Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen – in den Worten der CSR-Richtlinie: Unternehmen von öffentlichem Interesse. Außerdem werden nur nach Bilanzsumme, Umsatzerlös und Mitarbeiterzahl „große“ Unternehmen erfasst. Das sind im Kontext der CSR-Richtlinie solche, die mehr als 500 Mitarbeiter haben (die Richtlinie und folgerichtig auch der deutsche Referentenentwurf greifen also nicht schon bei der normalen Mitarbeiterschwelle zum „großen“ Unternehmen, die gemäß § 267 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 HGB bei 250 Personen liegt).
Wer unter die Vorschriften fällt, soll zukünftig im Lagebericht auch so genannte nichtfinanzielle Erklärungen abgeben. Das beinhaltet unter anderem eine Beschreibung des Geschäftsmodells sowie von Risiken der Geschäftstätigkeit für die Umwelt oder Auswirkungen auf die Belange der Arbeitnehmer, aber auch Darstellungen „zum Dialog auf kommunaler oder regionaler Ebene“.
Wirtschaftslenkung durch öffentlichen Druck
Was will der Gesetzgeber mit diesen Regelungen erreichen? Er kommt seiner Pflicht zur Umsetzung der europäischen Richtlinie nach und macht sich deren Ziele zu eigen. Diese fasst der Referentenentwurf im Wesentlichen wie folgt zusammen:
Durch die neuen Vorgaben für die Berichterstattung kann mittelbar auch das Handeln der Unternehmen beeinflusst und ein Anreiz geschaffen werden, nichtfinanziellen Belangen und damit verbundenen Risiken, Konzepten und Prozessen stärkeres Gewicht in der Unternehmensführung beizumessen.
Es geht also um Wirtschaftslenkung durch den Druck der öffentlichen Meinung. Das ist ein legitimes Ziel. Für betroffene Unternehmen entsteht dadurch freilich nicht nur zusätzlicher Aufwand bei der Erstellung der Lageberichte. Sie stehen auch vor Folgefragen: Welche Informationen müssen in den neuen Lagebericht und in welcher Detailschärfe? Einmal veröffentlichte Angaben sind unter den Bedingungen der Informationsgesellschaft nicht mehr rückholbar und nur eingeschränkt kontrollierbar, Missverständnisse schlimmstenfalls nur mit großem Aufwand auszuräumen. Ausweichen wird man den neuen Berichtspflichten voraussichtlich nicht können – unterschätzen sollte sie niemand.