Unzulässige Beschränkung der Vertretungsmacht eines Geschäftsführers

Am 25.07.2017 entschied das Oberlandesgericht München über die Eintragungsfähigkeit der Vertretungsregelung eines (neu bestellten) GmbH-Geschäftsführers. Die Satzung der GmbH enthält folgenden, typischen Passus zur Vertretung der Gesellschaft: „Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten […].“

In dem Gesellschafterbeschluss über die Bestellung des neuen Geschäftsführers war demgegenüber vorgesehen, dass dieser die Gesellschaft nur gemeinsam mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertreten dürfe. Diese Vertretungsregelung erklärte das Oberlandesgericht München aus folgenden Gründen für nicht eintragungsfähig:

WIDERSPRUCH ZU DER VERTRETUNGSREGELUNG DER SATZUNG

Die von den Gesellschaftern beschlossene, konkrete Vertretungsbefugnis des neu bestellten Geschäftsführers widerspricht der Vertretungsregelung in der Satzung der GmbH. So sollte der neu bestellte Geschäftsführer, anders als in der Satzung vorgesehen, auch dann nicht alleinvertretungsbefugt sein, wenn er der einzige Geschäftsführer der Gesellschaft wäre. Die Satzung enthält jedoch keine Ermächtigung der Gesellschafter, die Vertretungsregelung abweichend von der Satzung bestimmen zu können.

UNWIRKSAMER SATZUNGSDURCHBRECHENDER GESELLSCHAFTERBESCHLUSS

Aus diesem Grund handelte es sich bei dem Beschluss über die Bestellung des Geschäftsführers um einen (hier unzulässigen) „satzungsdurchbrechenden Gesellschafterbeschluss“. Eine Satzungsdurchbrechung, die eine abstrakte Regelung mit Geltung für die Zukunft enthält, unterliegt den gleichen formellen Voraussetzungen wie eine Satzungsänderung. Der entsprechende Gesellschafterbeschluss muss also notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen werden (§§ 53 ff. GmbHG). Der Beschluss über die Bestellung des neuen Geschäftsführers, über den das Oberlandesgericht München zu entscheiden hatte, erfüllt diese Anforderungen nicht und ist auch aus diesem Grunde unwirksam (die Anforderungen an satzungsdurchbrechende Gesellschafterbeschlüsse bei der GmbH erläutert unser Partner Dr. Stefan Heutz an dieser Stelle näher).

IM ÜBRIGEN: UNZULÄSSIGE EINSCHRÄNKUNGEN DER VERTRETUNGSMACHT DES GESCHÄFTSFÜHRERS

Die Vertretungsregelung war im Übrigen bereits deshalb unzulässig, da die Vertretungsmacht des neu zu bestellenden Geschäftsführers zu weit eingeschränkt wurde, worauf das Oberlandesgericht München ebenfalls hinweist. Generell ist es nicht möglich, die Vertretungsmacht eines Geschäftsführers so weit einzuschränken, dass Prokuristen ein Vetorecht innehaben. Die Vertretung der Gesellschaft muss also so ausgestaltet werden, dass eine organschaftliche Vertretung der Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer ohne Beteiligung eines Prokuristen möglich bleibt.

PRAXISHINWEIS

Es ist häufig empfehlenswert, in dem Gesellschafterbeschluss über die Bestellung eines neuen Geschäftsführers auf die Bestimmungen der Satzung zu verweisen. Die Ausformulierung der Vertretungsbefugnis ist in diesem Fall entbehrlich.

Um unterschiedliche Regelungen für verschiedene Geschäftsführer zu ermöglichen, sollte die Vertretungsregelung in der Satzung Öffnungsklauseln enthalten, um etwa einem Geschäftsführer Einzelvertretungsbefugnis zu erteilen. In diesem Fall genügt dann ein entsprechender Hinweis bei der Handelsregisteranmeldung der Geschäftsführerbestellung, ohne dass es gleich einer Änderung der Satzung der Gesellschaft bedarf.

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