Unzulässige Koppelung von Geschäftsführeranstellungsvertrag und (organschaftlicher) Abberufung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 25.10.2016 – 8 U 122/15) hat vor kurzem entschieden, dass eine Klausel in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag, welche die sofortige Beendigung des Anstellungsvertrags mit Zugang der Bekanntgabe des Abberufungsbeschlusses vorsieht, unwirksam ist. Handelt es sich bei einer derartigen Koppelungsvereinbarung um allgemeine Geschäftsbedingungen der Gesellschaft, ist eine sog. geltungserhaltene Reduktion der Klausel nicht möglich.

WAS WAR PASSIERT?

Die Klägerin war seit über 15 Jahren Geschäftsführerin der beklagten GmbH und am Stammkapital der Gesellschaft zu 20% beteiligt. Ihr Anstellungsvertrag enthielt eine Klausel, wonach der Anstellungsvertrag der Geschäftsführerin mit Zugang des Abberufungsbeschlusses automatisch endete, ohne dass es einer weiteren Erklärung von ihr oder der Gesellschaft bedurfte. Ihre Mitgesellschafter werfen der Klägerin vor, sie habe u.a. durch die fehlerhafte Abrechnung verschiedener Projekte und daraus resultierender Steuernachzahlungen der Gesellschaft geschadet. Aus diesem Grund beschloss die Gesellschafterversammlung, die Klägerin als Geschäftsführerin abzuberufen und ihr Anstellungsverhältnis außerordentlich zu beenden.

GRUNDSATZ: TRENNUNG DES GESCHÄFTSFÜHRERANSTELLUNGSVERTRAGS VON DER (ORGANSCHAFTLICHEN) BESTELLUNG

Nach der sog. Trennungstheorie des Bundesgerichtshofs ist die organschaftliche Bestellung eines Geschäftsführers von seinem Anstellungsverhältnis zu trennen. Die Bestellung führt zu der mit der Position des Geschäftsführers verbundenen Organstellung und berechtigt den Geschäftsführer zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft. Im Anstellungsvertrag sind demgegenüber etwa die Vergütungs- und Urlaubsansprüche des Geschäftsführers geregelt. Beide Rechtsverhältnisse stehen laut Bundesgerichtshof grundsätzlich nebeneinander, werden also unabhängig voneinander nach den jeweils geltenden Vorschriften beendet.

HIER: VERSTOSS GEGEN § 622 BGB

Dementsprechend unterschied auch das Oberlandesgericht Karlsruhe in dem hier skizzierten Fall zwischen der organschaftlichen Bestellung der Klägerin und ihrem Anstellungsverhältnis. Während das Gericht die organschaftliche Abberufung der Klägerin für wirksam befand, sah es in der Koppelungsvereinbarung des Anstellungsvertrags einen Verstoß gegen § 622 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BGB, der in Betrieben mit nicht mehr als 20 Arbeitnehmern eine Mindestkündigungsfrist von vier Wochen vorschreibt. Ein anderes ergebe sich auch nicht aus der Beteiligung der Klägerin am Stammkapital der Gesellschaft. Die Mindestkündigungsfristen des § 622 BGB gelten laut Bundesgerichtshof für geschäftsführende Gesellschafter entsprechend.

KEINE GELTUNGSERHALTENDE REDUKTION

Auch einer geltungserhaltenden Reduktion der Koppelungsvereinbarung, d.h. einer Reduzierung der Klausel auf ihren (noch) wirksamen Kern, erteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe eine deutliche Absage: Bei der vorliegenden Koppelungsvereinbarung handele es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung, welche die Gesellschaft der Klägerin gestellt habe. Eine geltungserhaltende Reduktion allgemeiner Geschäftsbedingungen scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch grundsätzlich aus. Die Gesellschaft war also weiter dazu verpflichtet, der Klägerin ihr Gehalt zu zahlen. Die streitgegenständliche Klausel des Anstellungsvertrags konnte nicht geltungserhaltend dahingehend ausgelegt werden, dass der Anstellungsvertrag mit dem Abberufungsschluss zum nächstmöglichen Zeitpunkt erfolgen sollte.

FAZIT UND PRAXISHINWEIS

Bei den Mindestkündigungsfristen des § 622 BGB handelt es sich um zwingendes Recht, welches laut Rechtsprechung auch im auch im Rahmen einer als auflösender Bedingung ausgestalteten Koppelungsvereinbarung zu beachten ist. Eine geltungserhaltende Reduktion scheidet aus, wenn es sich bei der Koppelungsvereinbarung um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt, was bei „Standardklauseln“ in Geschäftsführeranstellungsverträgen regelmäßig der Fall ist.

Aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe folgt jedoch nicht, dass eine Koppelungsklausel per se unzulässig ist. Die Rechtsprechung akzeptiert Klauseln, die für den Fall des Widerrufs der Bestellung eine Kündigung des Anstellungsvertrags innerhalb der Kündigungsfristen des § 622 BGB durch die Gesellschaft gestatten.