Derjenige, der einen Hyperlink zu einer Website setzt, auf der urheberrechtlich geschützte Werke ohne Zustimmung des Rechteinhabers öffentlich frei zugänglich gemacht sind, begeht hierdurch keine Urheberrechtsverletzung. Dies ist jedenfalls die Auffassung des belgischen Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), Melchior Wathelet, in seinen Schlussanträgen zu einem aktuellen Rechtsstreit (EuGH Aktenzeichen C-160/15).
Der Fall
Der zugrunde liegende Fall wurde dem EuGH vom Kassationshof der Niederlande zur Entscheidung vorgelegt. Darin geht es im Wesentlichen um eine niederländische Prominente, deren für das Playboy-Magazin erstellte und bis dato unveröffentlichte Fotoaufnahmen auf einer australischen Website ohne Zustimmung des Rechteinhabers (hier der Verlag Sanoma) veröffentlicht worden waren. Beklagte ist jedoch nicht der Betreiber der australischen Website, sondern das niederländische Unternehmen GS Media. Dieses hatte auf seiner Internetseite „GeenStijl“ zu der betreffenden australischen Seite einen Hyperlink gesetzt und diesen auch nach mehrfacher Aufforderung des Verlags nicht entfernt.
Keine Urheberrechtsverletzung durch Linksetzung
Der Generalanwalt sieht in dem Verhalten von GS Media keine Urheberrechtsverletzung, da die Bilder durch das Setzen der Hyperlinks nicht öffentlich zugänglich gemacht worden seien und daher insoweit keine öffentlichen Wiedergabe im Sinne der Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie 2001/29/EG) vorliege. Dies sei bereits zuvor auf der verlinkten australischen Seite geschehen. Hyperlinks erleichterten lediglich das Auffinden bereits veröffentlichter Werke.
Beweggründe und Kenntnis von der Rechtsverletzung unerheblich
Bei der Prüfung eines Urheberrechtsverstoßes seitens des Verlinkenden komme es zudem weder auf dessen Beweggründe, noch auf dessen Kenntnis von der Rechtsverletzung auf der verlinkten Seite an. Es sei auch irrelevant, ob der Verlinkende von der Rechtsverletzung zumindest hätte Kenntnis nehmen können. Maßgebliche Voraussetzung sei allein, dass die verlinkte Seite für alle Internetuser frei zugänglich ist und durch den Link keine zugangsbeschränkende Maßnahmen umgangen würden.
Die aktuelle Rechtslage
Mein Kollege Jens Nebel hat in seinem Blog-Beitrag vom 08.04.2016 bereits angesprochen, dass es zur Feststellung einer Rechtsverletzung durch Linksetzung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang insbesondere darauf ankommt, ob der Verlinkende sich den Inhalt der verlinkten Seite zu eigen gemacht hat. Wann dies der Fall ist lässt sich allerdings nicht pauschal beantworten und muss jeweils im Einzelfall geprüft werden.
Der EuGH hat zwar bereits im Jahr 2014 entschieden, dass Hyperlinks ohne Erlaubnis des Rechteinhabers unter bestimmten Voraussetzungen rechtmäßig auf geschützte Werke verweisen dürfen. Ob und inwieweit es sich auswirkt, wenn das verlinkte Werk ohne Zustimmung des Rechteinhabers veröffentlicht wurde und der Verlinkende hiervon Kenntnis hatte, ist jedoch noch nicht geklärt worden. Es besteht daher auch insoweit noch weitgehende Rechtsunsicherheit.
Fazit
Eine Entscheidung des EuGH steht zwar noch aus, jedoch folgt das Gericht regelmäßig den Anträgen des Generalanwalts. In diesem Fall würde die Entscheidung die beschriebenen Rechtsunsicherheiten weitgehend beseitigen und den Weg zur Linkfreiheit ebnen. Wir sind gespannt auf den Ausgang des Verfahrens und werden über den weiteren Verlauf berichten.