Urlaubsgewährung bei fristloser Kündigung

Sehr häufig kommt es vor, dass im Fall von schwerwiegenden Pflichtverletzungen eine außerordentliche fristlose Kündigung und vorsorglich auch eine hilfsweise ordentliche Kündigung zum nächst zulässigen Termin ausgesprochen wird. Im Rahmen von Kündigungsschutzverfahren ist es durchaus üblich, eine einvernehmliche Regelung dahingehend zu treffen, dass das Arbeitsverhältnis zum ordentlichen Kündigungstermin endet und es kommt zu Streit, ob in der Zeit bis zur ordentlichen Beendigung Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllt wurden. Nachdem dies in der Vergangenheit häufig schwierig war, hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr entschieden, dass bei entsprechender ausdrücklicher Gewährung unter Berücksichtigung gewisser Voraussetzungen eine vorsorgliche Urlaubsgewährung möglich ist:

Sachverhalt

In dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 25.08.2020 (9 AZR 612/19) zugrunde lag, hatte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit Schreiben vom 18.09.2017 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30.11.2017 gekündigt. Bereits im Kündigungsschreiben hatte der Arbeitgeber ausdrücklich formuliert:

Für den Fall der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gelte ich Ihren bis zum Kündigungszeitpunkt nicht genommenen Urlaub ab. Für den Fall der nicht anzunehmenden Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung habe ich Ihnen hilfsweise ordentlich gekündigt. In diesem Fall gilt Folgendes:

Sie werden Ihren sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub direkt im Anschluss an den Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung in der Zeit vom 19.09.2017 bis 11.10.2017 nehmen. Die gezahlte Abgeltung ist dann als Zahlung des Urlaubsentgeltes für den betreffenden Zeitraum zu verstehen. In jedem Fall sage ich Ihnen für die Zeit Ihres Urlaubs die Urlaubsvergütung vorbehaltlos zu.

Wie im Kündigungsschreiben angekündigt, hat der Arbeitgeber in der Annahme der Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung dem Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung gewährt und es kam im Rahmen eines Kündigungsschutzrechtstreits zu einem gerichtlichen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis zum ordentlichen Beendigungstermin endete. Eine ausdrückliche Regelung, wie mit dem Urlaub umzugehen sei, wurde im Vergleich nicht getroffen und der Arbeitgeber behandelte die bisherige Urlaubsabgeltung, wie im Kündigungsschreiben angekündigt, als bereits geleistetes Urlaubsentgelt. Dies wollte der Arbeitnehmer nicht gelten lassen, sondern verlangte mit dem Argument, eine vorsorgliche Urlaubsgewährung für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung sei nicht zulässig, neben der Urlaubsabgeltung die vollständige Vergütung bis zum ordentlichen Beendigungsdatum.

Sämtliche Instanzen haben den weiteren Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers zurückgewiesen:

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung wegen Annahmeverzugs ist ausgeschlossen, wenn dem Arbeitnehmer für den fraglichen Zeitraum Urlaub gewährt wurde. Das Bundesarbeitsgericht hat angenommen, dass dem Arbeitnehmer mit dem Kündigungsschreiben wirksam sein verbleibender Resturlaub erteilt wurde. Zwar sind nach § 7 Abs. 1 BUrlG bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dies gilt aber nicht, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer den Vorrang verdienen, und der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer Urlaub auch vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitgeber trotz der Ungewissheit der Parteien über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses durch eine entsprechende Freistellungserklärung eindeutig zum Ausdruck bringt, der Arbeitnehmer werde zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub endgültig von der Arbeitspflicht befreit, und das Urlaubsentgelt entweder vor Antritt des Urlaubs zahlt oder dessen Zahlung vorbehaltlos zusagt.

Empfehlung für die Praxis

Da das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich entschieden hat, dass die zitierten Erklärungen des Arbeitgebers im Kündigungsschreiben den Anforderungen an eine wirksame vorsorgliche Gewährung des Urlaubs standhalten, ergibt sich aus dem Urteil eine gute Vorlage für ein zukünftiges Vorgehen bei außerordentlichen und hilfsweise fristlos ausgesprochenen Kündigungen.

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