Verfahren um CO-Pipeline geht weiter

Die bereits im Jahr 2007 von der Bezirksregierung Düsseldorf planfestgestellte CO-Pipeline soll auf einer Strecke von etwa 67 km zwei Chemiestandorte in Dormagen und Krefeld-Uerdingen miteinander verbinden. Das an dem einen Standort im Produktionsprozess als Reststoff anfallende CO soll mittels Pipeline zu dem anderen Standort, an dem CO als Eingangsstoff für die Kunststoffproduktion benötigt wird, verbracht werden.

Seit der Planfeststellung beschäftigt die Leitung die Gerichte. Im August 2014 setzte das OVG Münster das bei ihm in der Berufungsinstanz anhängige Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage vor, ob das Rohrleitungsgesetz NRW, das Gesetz, mit welchem Enteignungen für Errichtung und Betrieb der Pipeline ermöglicht werden, verfassungskonform ist. Das OVG Münster vertrat die Auffassung, dass dies zu verneinen sei und begründete das in einem umfangreichen Beschluss. Als verfassungswidrig erachtete das OVG Münster das Gesetz aufgrund der seiner Auffassung nach zu verneinenden hinreichenden Bestimmtheit der Enteignungen rechtfertigenden Gemeinwohlziele und fehlender hinreichender Sicherung der Enteignungszwecke.

Das BVerfG hat die Vorlage des OVG Münster mit Beschluss vom 21.12.2016, der im Januar 2017 veröffentlicht wurde, als unzulässig zurückgewiesen. Die Aussagen des BVerfG sind nicht neu aber deutlich:

Die Festlegung von Gemeinwohlzielen, die eine Enteignung rechtfertigen, ist Aufgabe des Gesetzgebers. Dabei kommt dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu.

Die gesetzliche Festlegung der Gemeinwohlziele muss den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügen. Insbesondere bei der Zulassung von Enteignungen zugunsten Privater, die nur mittelbar dem Gemeinwohl dienen, bestehen erhöhte Anforderungen an die Bestimmtheit und an die Sicherung einer dauerhaften Gemeinwohlnutzung des enteigneten Gutes.

Die mit dem RohrlG NRW verfolgte Zwecksetzung der Erhöhung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der CO-Versorgung zur Stärkung der Wirtschaftsstruktur und zur Sicherung von Arbeitsplätzen ist aufgrund des zur Erreichung dieser Ziele bereits im Gesetz in hohem Maße konkretisierten Vorhabens, nämlich Errichtung und Betrieb einer Rohrleitung zwischen den Chemieparks Dormagen und Krefeld-Uerdingen zum Transport von CO, hinreichend bestimmt. Die vom BVerfG in Sachen Garzweiler an der Bestimmtheit der berggesetzlichen Enteignungsregelungen in § 79 Abs. 1 BBergG geübte Kritik ist auf ein gesetzlich konkretisiertes Vorhaben nicht übertragbar.

Die Entscheidung, für welche Vorhaben zu welchen Zwecken enteignet werden darf, ist dem Gesetzgeber vorbehalten und darf nicht auf die Verwaltungsbehörden übertragen werden. Davon abzugrenzen ist die als Voraussetzung jeder Enteignung gebotene Gesamtabwägung der für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlgründe mit den durch seine Verwirklichung beeinträchtigten öffentlichen und privaten Belangen. Die Gesamtabwägung muss nicht der Gesetzgeber vornehmen, der dies im Regelfall mangels exakter Kenntnis der Ausgestaltung des Vorhabens und dessen exakter Lage auch nicht leisten kann, sondern kann er der Behörde überlassen. Dadurch wird nicht die Bestimmtheit der gesetzlichen Regelungen berührt.

Die erforderliche Sicherung des Enteignungszwecks im Fall der Zulassung von Enteignungen zu Gunsten Privater bezieht sich auf die Sicherung des Enteignungszwecks und nicht auf die Sicherung des Enteignungserfolgs. Sicherzustellen ist daher, dass ein begünstigter Privater ein enteignetes Gut dauerhaft zur Verwirklichung des die Enteignung legitimierenden Zwecks verwendet. Dem hat der Gesetzgeber in §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 5 RohrlG durch die Begrenzung der Nutzung der Rohrleitung auf die Durchleitung von CO und die erforderliche Glaubhaftmachung des Unternehmens, enteignete Grundstücke oder Rechte würden innerhalb angemessener Frist zu dem zugegebenen Zweck verwendet, Rechnung getragen. Inwieweit mit der Nutzung das verfolgte Gemeinwohlziels der Förderung wirtschaftlicher Strukturen erreicht wird, ist keine Frage der Sicherung des Enteignungszwecks, sondern eine Frage der Eignung einer Enteignung zur Erreichung des Gemeinwohlziels.

Das BVerfG sieht die Verfassungsmäßigkeit des RohrlG NRW in Würdigung der Überlegungen des OVG Münster nicht in Frage gestellt. Das ist ein wichtiger Etappensieg für die Pipeline, der das OVG Münster in seinem Vorlagebeschluss aus August 2014 bereits attestiert hat, dass ihre Zulassung nicht an sonstigen, die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses erfordernden gravierenden Mängeln leidet.

Darüber hinaus verdeutlicht die Entscheidung des BVerfG generell, dass Projektgesetze auch zugunsten Privater mit mittelbarer Wirkung für das Gemeinwohl verfassungskonform möglich sind und nicht über überdimensionierte und zur Erfüllung der verfassungsrechtlichen Erfordernisse nicht erforderliche Anforderungen faktisch unmöglich gemacht werden.

Autorin

  • Öffentliches Wirtschaftsrecht
  • Umwelt- und Planungsrecht