Verfall von Steuererstattungsansprüchen des Arbeitgebers gegen Mitarbeiter

 

Gute Nachrichten für Arbeitgeber: Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 14.11.2018 - 5 AZR 301/17 - die Geltung von tarifvertraglichen Verfallsfristen für einen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers hinsichtlich für den Mitarbeiter an das Finanzamt nachentrichtete Einkommenssteuerzahlungen entschärft.

Hintergrund der Entscheidung

Zwar ist im Hinblick auf die Einkommenssteuer allein der Mitarbeiter Steuerschuldner. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, für den Mitarbeiter die zu entrichtende Einkommenssteuer abzuführen. Da der Arbeitgeber folglich vorab für den Mitarbeiter die Einkommenssteuer zahlt, steht ihm bei Überzahlungen ein Erstattungsanspruch gegen den Mitarbeiter in voller Höhe der nachentrichteten Steuer zu. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn der Arbeitgeber für einen bereits abgerechneten Monat weitere Einkommenssteuerzahlungen zu tätigen hat. Der Arbeitgeber zahlt dann mehr, als er eigentlich müsste. Diese Zuvielzahlung kann er sich vom Mitarbeiter erstatten lassen.

Verfallsfristen können auch für den Erstattungsanspruch gelten

Der gegenüber dem Mitarbeiter bestehende Erstattungsanspruch kann den arbeits- oder tarifvertraglichen Verfallsfristen unterfallen und muss innerhalb der vorgesehenen Frist geltend gemacht werden, da er ansonsten nicht mehr durchsetzbar ist. Verfallsfristen knüpfen den Fristbeginn in der Regel an die Fälligkeit eines geltend zu machenden Anspruchs. In diesem Zusammenhang tritt die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs eigentlich bereits mit Entstehung des Anspruchs des Finanzamtes auf die Steuernachforderung ein. Da der grundsätzliche Nachzahlungsanspruch in der Regel wesentlich früher entsteht als der Arbeitgeber tatsächlich die Steuernachzahlung vornimmt oder überhaupt Kenntnis von der Steuernachforderung hat, kann die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs längst eingetreten und damit die Verfallsfrist verstrichen sein. Im Ergebnis würde das dazu führen, dass der Arbeitgeber auf der Steuernachzahlung an das Finanzamt "sitzen bliebe" und dem Mitarbeiter damit mehr Gehalt ausgezahlt hätte, als ihm zustünde.

Beginn der Verfallsfrist

Mit dem oben zitierten Urteil hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass die Verfallsfrist für den Erstattungsanspruch bei nachentrichteten Steuern grundsätzlich erst mit Bestandskraft des einkommenssteuerrechtlichen Haftungsbescheids des Finanzamts zu laufen beginnt. Denn erst dann kann der Arbeitgeber als Gläubiger des Erstattungsanspruches gegen den Mitarbeiter die Höhe der nachzuentrichtenden Lohnsteuer rechtssicher kennen. Er ist auch erst dann wirksam verpflichtet, die Lohnsteuer nachzuentrichten.

Zahlt der Arbeitgeber allerdings vor Eintritt der Bestandskraft, so beginnt der Lauf der Verfallsfrist am Tage nach der (vorzeitigen) Zahlung. Darüber hinaus gelten die tarif- und arbeitsvertraglichen Verfallsfristen auch nur dann, wenn die Verfallsklauseln nicht nur ausschließlich arbeitsvertragliche Ansprüche, sondern auch solche Ansprüche, die bloß mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, erfassen.

Hinweise für die Praxis

Arbeitgeber, die einkommenssteuerrechtliche Nachzahlungen an das Finanzamt für ihre Mitarbeiter leisten, sollten dringend bei Vornahme der Zahlung prüfen, ob eine arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfrist besteht. Erfasst diese nur Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis selbst, kann der Erstattungsanspruch ohne Verfallsfrist geltend gemacht werden. Sind jedoch auch Ansprüche von der Verfallsfrist erfasst, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, muss der Arbeitgeber möglichst zeitnah in der vorgesehenen Form den Erstattungsanspruch geltend machen, um einen Verfall und damit eine unfreiwillige Gehaltserhöhung zu vermeiden.