Vorbeschäftigungsverbot – Ja, nein, vielleicht?

Das Bundesarbeitsgericht hat am 21.08.2019 erneut zum sog. Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geurteilt. Nach dieser Vorschrift darf ein Arbeitnehmer nicht sachgrundlos befristet beschäftigt werden, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Gesetzgeberisches Ziel der Regelung sollte sein, Missbrauch durch die Aneinanderreihung von sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen (sog. Kettenbefristung) zu verhindern.

Ursprüngliche Rechtsprechung

Die vermeintlich eindeutige gesetzliche Vorgabe war dem Bundesarbeitsgericht schon in der Vergangenheit ein Dorn im Auge. Im Jahr 2011 entschied es (BAG, Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09), dass eine entsprechende Vorbeschäftigung nicht gegeben sei, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückläge. Dementsprechend konnte eine sachgrundlose Befristung nach Ablauf von drei Jahren erneut wirksam vereinbart werden.

Rüffel vom Bundesverfassungsgericht

Dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts mit ihrem Urteil aus dem vergangenen Jahr eine deutliche Absage erteilt (BVerfG, Beschl. v. 06.06.2018 – 1 BvL 7/14). Nach Auffassung der Karlsruher Richter habe der Gesetzgeber sich bei § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG eindeutig gegen eine Fristenregelung entschieden. Ausnahmen von dem Verbot der Vorbeschäftigung könne es lediglich geben, wenn offensichtlich keine Gefahr der Kettenbefristung unter Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Vorbeschäftigten bestehe. Wir berichteten hierzu ausführlich in unserem Blog. Aufgrund des Urteils aus Karlsruhe änderte das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung und hielt nicht mehr an der Drei-Jahres-Grenze fest (BAG, Urt. v. 23.01.2019 – 7 AZR 733/16).

Erneuter Versuch des Bundesarbeitsgerichts

In dem nun ergangenen Urteil (BAG, Urt. v. 21.08.2019 – 7 AZR 452/17) hat das Bundesarbeitsgericht eine wirksame sachgrundlose Befristung für den Fall einer 22 Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung angenommen. Eine entsprechende Befristung sei nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts möglich, wenn die Vorbeschäftigung sehr lang zurückliege. Als Begründung führen die Erfurter Richter an, dass das Vorbeschäftigungsverbot in diesen Fällen verfassungskonform eingeschränkt werde müsse. Soweit die Gefahr von Kettenbefristungen nicht bestehe, sei das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar.

Auswirkungen für die Praxis

Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht den Arbeitsvertragsparteien in den noch zu veröffentlichenden Entscheidungsgründen tatsächlich nutzbare Kriterien vorgibt, um die Unklarheiten der Vergangenheit zu beseitigen und wirksame (sachgrundlose) Befristungen zu ermöglichen.

Nicht ganz unschuldig an der derzeitigen Situation ist insbesondere der Gesetzgeber. Im politischen Berlin steht die Überarbeitung des Befristungsrechts schon länger auf der Agenda (vgl. Koalitionsvertrag vom 12.03.2018, RZ. 2347), geschehen ist allerdings noch nichts.