Vorsatzanfechtung als Unsicherheitsfaktor im Geschäftsleben

Erhält ein Unternehmen Post vom Insolvenzverwalter eines seiner Geschäftspartner, kann das zu großer Verunsicherung und Frustration führen. Der Verwalter fordert häufig unter Berufung auf die sog. Vorsatzanfechtung Zahlungen zurück, die der Geschäftspartner ggf. bereits lange Zeit vor der Insolvenz an das Unternehmen geleistet hat; so zuletzt wieder einmal erfolgreich in einem vom BGH entschiedenen Fall (Urteil vom 25.02.2016 – IX ZR 109/15).

Grundgedanke der Vorsatzanfechtung

Die Insolvenzanfechtung ermöglicht es dem Insolvenzverwalter, vom Schuldner geleistete Zahlungen, die in zeitlicher Nähe zum Insolvenzeröffnungsantrag oder zur Bevorzugung eines Gläubigers erfolgt sind, zurückzufordern. Hierdurch soll die Insolvenzmasse vermehrt und die Gleichbehandlung aller Gläubiger im Insolvenzverfahren sichergestellt werden.

Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Zahlung anfechtbar, die der Schuldner bis zu zehn Jahre vor dem Insolvenzantrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, geleistet hat. Zusätzlich muss der Empfänger der Zahlung diesen Vorsatz des Schuldners gekannt haben, was allerdings vermutet wird, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte.

Die Gefahr, dass etwa ein Lieferant Zahlungen, die er von einem Abnehmer erhalten hat, zurückgewähren muss, besteht also für einen erheblichen Zeitraum.

Ausuferung der Vorsatzanfechtung

Die Vorsatzanfechtung ist in den vergangenen Jahren – begünstigt durch die Rechtsprechung des BGH – erheblich ausgeweitet worden. Der Insolvenzverwalter kann zur Begründung seines Anspruchs auf vielfältige Indizien zurückgreifen.

Das betrifft insbesondere die Kenntnis des Gläubigers von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Diese wird angenommen, wenn Umstände vorliegen, aus denen zwingend auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden kann. So kann hierfür bereits eine Stundungsbitte des Schuldners oder die Vereinbarung einer Ratenzahlung ein starkes Indiz sein. Der Insolvenzverwalter ist in solchen Fällen in einer komfortablen (Verhandlungs-)Position.

Fazit

Die gegenwärtige Praxis der Vorsatzanfechtung bringt unkalkulierbare Risiken für Unternehmen mit sich, was sie zu Recht als unfair empfinden. Sie sind gezwungen, ihrem Geschäftspartner im Zweifel eher zu misstrauen und von der Geschäftsverbindung Abstand zu nehmen, als ihm in (vorübergehend) schwierigen Zeiten, z.B. mit einer Ratenzahlung, entgegenzukommen. Der Gesetzgeber hat erfreulicherweise erkannt, dass Handlungsbedarf besteht. Über das eingeleitete und aktuell noch andauernde Gesetzgebungsverfahren werden wir in unserem Blog in Kürze berichten.

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