Vorsorge ist besser als Nachsorge – Die Tücken des privatschriftlichen Testamentes

Der letzte Wille muss nicht zwingend vor einem Notar erklärt werden. Ein Testament kann auch privatschriftlich zu Hause am eigenen Schreibtisch errichtet werden. Hierbei unterschätzen viele Testierende aber nicht selten die komplizierten Begrifflichkeiten des deutschen Erbrechts und hinterlassen ihren Hinterbliebenen mehr Fragen und Probleme als ihnen bewusst war. Gerade bei der Errichtung des letzten Willens gilt: Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht.

Laienhafte Formulierungen oder die fehlerhafte Verwendung erbrechtlicher Fachbegriffe lassen oft mehrere unterschiedliche Interpretationen des letzten Willens zu, die neben Streit und Unmut unter den Bedachten auch kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzungen nach sich ziehen können.

So orientieren sich viele Personen an dem, was sie aus Funk und Fernsehen von der Errichtung eines Testamentes zu wissen glauben. Einer der am häufigsten vorkommenden Kardinalfehler ist dabei die bloße Zuweisung einzelner Vermögensgegenstände an einzelne Personen ohne konkrete Benennung eines Erben.

Beispiel: "Mein Sohn Thomas soll mein Wohnhaus erhalten. Meine Tochter Franziska soll meine Aktien und mein Auto erhalten."

Für das Nachlassgericht stellt sich in diesem Beispiel die Frage, wer tatsächlich zum Erben berufen sein soll, denn nur der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Er wird Eigentümer des gesamten Nachlasses, während nach deutschem Recht der Vermächtnisnehmer nicht direkt Eigentum an der ihm zugedachten Sache erhält. Ihm steht lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Erben auf Übertragung des Eigentums am vermachten Gegenstand zu.

Im gewählten Beispiel stellt sich daher die Frage, wer Erbe sein und damit auch für etwaige vom Erblasser herrührende Schulden haften soll. Ist Thomas Erbe und Franziska bloß Vermächtnisnehmerin geworden oder war der umgekehrte Fall gemeint? Sind vielleicht sogar beide Kinder zu Erben berufen?

Verfügte der Erblasser über nahezu sein ganzes Vermögen und wurde einem Bedachten der "Löwenanteil" am Nachlass zugesprochen, geht die Rechtsprechung i.d.R. davon aus, dass es sich dabei um eine Erbeneinsetzung handeln wird. Die anderen Personen werden dann als Vermächtnisnehmer angesehen. Sind im vorliegenden Fall aber die zugedachten Gegenstände ungefähr gleich viel wert, kann diese Auslegungsregel nicht herangezogen werden.

Zudem stellen sich weitere Fragen: Was soll mit den im Testament nicht benannten Nachlasswerten geschehen wie Bargeld, Hausrat und Schmuck? Im Falle der Erbenberufung beider Kinder muss die jeweilige Erbquote bestimmt werden. Handelt es sich bei der Zuweisung der einzelnen Gegenstände um sog. Vorausvermächtnisse, die beiden Kindern zusätzlich zu einer hälftigen Beteiligung am Nachlass zustehen sollen? Oder handelt es vielmehr um eine Erbeinsetzung, bei der der Wert der vermachten Gegenstände im Verhältnis zum Gesamtvermögen die vom Erblasser vorgesehene Erbquote vorgibt und die Zuweisung als Teilungsanordnung zu verstehen ist? In diesem Fall wären die verbliebenen Nachlasswerte nicht hälftig, sondern anhand dieser noch zu ermittelnden Quoten zu berechnen.

Noch komplizierter wird es, wenn einzelne Nachlasswerte, die im Testament bestimmten Personen zugewiesen wurden, schließlich bei Eintritt des Erbfalls nicht mehr vorhanden sind, weil sie vom Erblasser verkauft oder verbraucht wurden.

Solche Unsicherheiten ziehen zumeist langwierige Streitigkeiten innerhalb der Familie nach sich und sind mit erheblichen Kosten für Gutachter, Gerichte und Anwälte verbunden.

Bei umfangreicheren letztwilligen Verfügungen von Todes wegen bietet es sich daher an, die eigenen Vorstellungen zunächst mit einem entsprechenden Fachanwalt für Erbrecht oder einem Notar zu besprechen. Dieser kann zum einen über die verschiedenen Möglichkeiten der Testamentsgestaltung beraten und zum anderen Ihre Vorstellungen in die Begrifflichkeiten des deutschen Erbrechts "übersetzen", um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden.

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