Vorsorgliche Anhörung der Schwerbehindertenvertretung?

Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung sind noch immer ein Dauerthema. Mit Beschluss vom 22.01.2020 (7 ABR 18/18) entschied das Bundesarbeitsgericht erneut zur Reichweite der Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung.

Was war passiert?

Hintergrund war ein Gleichstellungsantrag einer Mitarbeiterin im Februar 2015, über den sie ihren Arbeitgeber informierte. Im November 2015 wurde die Mitarbeiterin vom Arbeitgeber für sechs Monate in ein anderes Team versetzt, ohne dass dieser zuvor die Schwerbehindertenvertretung unterrichtet und angehört hatte. Die Bundesagentur für Arbeit stellte im Juni 2016 rückwirkend auf den Tag der Antragstellung im Februar 2015 die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen fest. Die Schwerbehindertenvertretung hat daraufhin geltend gemacht, dass sie vor der Versetzung hätte beteiligt werden müssen, da der Gleichstellungsantrag zu einer rückwirkenden Statusänderung geführt habe.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat der Schwerbehindertenvertretung Recht gegeben, der Beschluss wurde vom Landesarbeitsgericht jedoch aufgehoben und der Antrag der Schwerbehindertenvertretung abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat sich nun der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen und entschieden, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, die Schwerbehindertenvertretung vorsorglich vor einer Versetzung anzuhören, wenn über den Gleichstellungsantrag noch nicht entschieden wurde.

Da die Gleichstellung erst durch die konstitutiv wirkende Feststellung der Bundesagentur für Arbeit wirke, bestehe – trotz der Rückwirkung – das Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bei der Versetzung erst ab dem Zeitpunkt der Feststellung.

Zustimmungserfordernis des Integrationsamtes bei Kündigung

Unabhängig von dieser Entscheidung ist hervorzuheben, dass der Arbeitgeber bei einer beabsichtigten Kündigung nicht von der Pflicht entbunden ist, vorsorglich die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. Im Hinblick auf den individuellen Sonderkündigungsschutz nimmt das Bundesarbeitsgericht weiterhin eine Rückwirkung des Schutzes an, so dass unbedingt an die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes gedacht werden muss.