Im Rahmen der letzten Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 03.03.2021 formulierte die Politik bereits eindeutig, dass es aus ihrer Sicht für einen umfassenden Infektionsschutz erforderlich ist, dass die Unternehmen in Deutschland „als gesamtgesellschaftlichen Beitrag“ ihren in Präsenz Beschäftigten pro Woche das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest machen. Diese Vorgaben der Bund-Länder-Konferenz für eine nationale Teststrategie wurden am vergangenen Dienstag von der Bundeskanzlerin noch einmal ausdrücklich bekräftigt. So forderte sie einen „wirklich substantiellen Beitrag“ der Firmen bei der Testung von Mitarbeitern. Dies sei ein „Muss für die Möglichkeit von Öffnungen“. Die Bundeskanzlerin folgt damit insbesondere den Appellen der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, die ebenfalls dazu aufriefen, Beschäftigten Selbsttests anzubieten, um Infektionen frühzeitig zu erkennen.
Nachstehend möchten wir vor diesem Hintergrund erläutern, inwieweit Arbeitgeber die Durchführung von Corona-Schnelltests in zulässiger Weise durchführen können:
Anlasslose Durchführung von Corona-Schnelltests
Zur Durchführung von anlasslosen Corona-Schnelltests mittels Direktionsrechts sind Arbeitgeber regelmäßig nicht berechtigt, da ein solcher Test stets mit einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer verbunden ist und eine Erhebung von besonders geschützten Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) darstellt. Fehlt es an einem ausreichenden Rechtfertigungstatbestand zur Verarbeitung entsprechender Gesundheitsdaten – wie regelmäßig im Fall einer anlasslosen Testung – läge hierin ein bußgeldbewerter Datenschutzverstoß, der ggf. auch Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer begründen kann.
Ausnahme für besondere Personengruppen
Anlasslose Corona-Schnelltests können ausnahmsweise dort einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden, wo ein hohes Infektionsrisiko für Dritte besteht, welches nicht anderweitig reduziert werden kann. Hierzu zählen insbesondere Tätigkeiten mit unmittelbaren persönlichen Kontakt, wie beispielsweise Ärzten oder Aufgaben in der Altenpflege.
Schnelltests bei üblichen Symptomen einer COVID-19-Infektion
Anders liegt es, wenn Arbeitnehmer typische Symptome einer COVID-19-Infektion aufweisen, wie beispielsweise Husten, Atembeschwerden oder den Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns. Bei entsprechenden Krankheitssymptomen ist der Arbeitgeber berechtigt, gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern die Durchführung von Corona-Schnelltests einseitig anzuordnen, da insofern die Interessen des Arbeitgebers, insbesondere der Schutz anderer Mitarbeiter, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers überwiegen. Auch datenschutzrechtliche Bedenken bestehen in diesem Zusammenhang nicht, da Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer gemäß § 26 Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verarbeitet werden dürfen, wenn dies zur Ausübung von Rechten aus dem Arbeitsverhältnis erforderlich ist und die Rechte des Arbeitnehmers einer Verarbeitung nicht entgegenstehen.
Zwingende betriebliche Mitbestimmung
Die Durchführung von Corona-Schnelltests im Betrieb ist sowohl nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 (Fragen der Ordnung des Betriebs) als auch gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (Betrieblicher Gesundheitsschutz) zwingend mitbestimmungspflichtig. Vor diesem Hintergrund sollte in Betrieben mit Betriebsrat die Anordnung von Corona-Schnelltests ausschließlich mittels Betriebsvereinbarung umgesetzt werden. Aufgrund der unmittelbar und zwingenden Wirkung bietet eine entsprechende Durchführung regelmäßig Rechtssicherheit im Verhältnis zu den Arbeitnehmern.
Hinzukommt, dass Betriebsvereinbarungen auch ein probates Mittel zur Einhaltung der Vorgaben der DSGVO darstellen.
Handlungsempfehlung für die Praxis
In Betrieben mit Betriebsrat ist der Arbeitgeber grundsätzlich gehalten, diesen bei der Einführung von kollektiven Corona-Schnelltests zu beteiligen.
Fehlt es an einem Betriebsrat, ist Arbeitgebern aufgrund der (datenschutzrechtlichen) Risiken zu empfehlen, von „anlasslosen“ Corona-Tests abzusehen. Vielmehr bietet es sich an, die Arbeitnehmer ausdrücklich zu verpflichten, sich bei COVID-19-typischen Krankheitssymptomen unverzüglich zu melden, um sodann einen Schnelltest durchzuführen. Entsprechend „anlassbezogene“ Tests kann der Arbeitgeber mittels Direktionsrechts (§ 106 GewO) einseitig vorgeben.
Ergänzend spricht einiges dafür, im Betrieb tätigen Arbeitnehmern die freiwillige Möglichkeit einzuräumen, sich einem Corona-Schnelltest zu unterziehen. Das Risiko unerkannt COVID-19-positiver Arbeitnehmer im Betrieb kann auf diese Weise weiter reduziert werden. Allerdings sollte im Fall eines freiwilligen Angebots dringend geregelt werden, ob und ggf. in welchem Umfang die Durchführung des Tests als vergütungspflichtige Arbeitszeit einzustufen ist.