Weitere Konkretisierung des Mindestlohns

Nur auf den ersten Blick scheint die Höhe des Mindestlohns eindeutig zu sein. Sie beträgt seit dem 01.02.2017 8,84 € brutto pro Stunde. Auf den zweiten Blick zeigt sich dann aber, dass es keinesfalls so einfach ist. Wir hatten an dieser Stellebereits darüber berichtet, dass nicht alle dem Arbeitnehmer gewährten Entgeltkomponenten zum Mindestlohn gehören, sondern einige vielmehr zusätzlich zu ihm gewährt werden müssen. Welche Komponenten dies im Einzelnen sind, ist nach wie vor unklar.

ERSTE ENTSCHEIDUNG IM MAI 2016

Das Bundesarbeitsgericht hat sich erstmals im Mai 2016 mit der Frage, welche Komponenten zum Mindestlohn gehören, auseinandergesetzt. Seinerzeit ging es um ein ratierlich gewährtes Weihnachts- und Urlaubsgeld. Hierüber hatten wir bereits berichtet.

Aufgrund der Haltung des Bundesrates ist die Auslegung der Bestimmungen des Mindestlohngesetzes der Rechtsprechung nun auch sicher überlassen. Denn der Bundesrat hat entgegen der Initiative einiger Bundesländer nach Bekanntwerden dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Mai 2016 eine Klarstellung des Mindestlohnbegriffs gerade nicht gefasst.

WEITERE ENTSCHEIDUNG DES BUNDESARBEITSGERICHTS

In einer neuen Entscheidung vom 21.12.2016 (Az.: 5 AZR 374/16) führt das Gericht diesen Weg fort. Auch hier stellt es, wie bereits in der Vorentscheidung, maßgeblich darauf ab, dass nur Entgeltbestandteile, die eine Gegenleistung für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen darstellen, dem Mindestlohn zuzuschlagen sind. Solche Entgeltkomponenten, die der Arbeitgeber jedoch ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung gewährt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen, sollen nicht hierunter fallen. Darüber hinaus bezieht das Bundesarbeitsgericht explizit die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und der deutschen Gerichte zum Mindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz in seine Erwägungen mit ein.

WECHSELSCHICHTZULAGE, FUNKPRÄMIE UND LEISTUNGSZULAGE

In der neuerlichen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ging es um eine Telefonistin, die neben ihrem monatlichen Grundgehalt eine Wechselschichtzulage in monatlich gleichbleibender Höhe, eine Funkprämie sowie Leistungsprämien erhielt. Da nur alle Beträge zusammengerechnet zu einem Stundenentgelt in Höhe von (seinerzeit noch) 8,50 € führten, mussten sich die Gerichte damit auseinandersetzen, ob alle Entgeltkomponenten zum Mindestlohn gehören.

Das Bundesarbeitsgericht hat dies bejaht und deutlich gemacht, dass sämtliche Entgeltbestandteile der Telefonistin im Synallagma stehende Gegenleistungen der Beklagten für die Arbeitsleistung der Klägerin sind. Hieran ändere auch die Tatsache, dass die Wechselschichtzulage unabhängig von der Lage der Arbeitszeit in gleichbleibender Höhe gezahlt wurde, nichts, denn dies mache nur deutlich, dass es sich um eine Zulage allgemeiner Natur handele, die für die von der Arbeitnehmerin erbrachte Arbeitsleistung gewährt wird.

FAZIT

Das Bundesarbeitsgericht hat erneut deutlich gemacht, dass es allein darum geht, ob das Entgelt für eine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung gewährt wird. Die explizite Inbezugnahme der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie der deutschen Gerichte zum Arbeitnehmerentsendegesetz stellt zudem eine hilfreiche Auslegung für bislang noch ungeklärte Fallkonstellationen dar. Denn nach den eindeutigen Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts dürften die hierzu entschiedenen Grundsätze nun 1:1 übertragbar sein. Damit hat das Bundesarbeitsgericht für deutlich mehr Klarheit im Hinblick auf den Mindestlohn gesorgt.

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