Wenn Mitarbeiter „krankfeiern“

 

Unternehmen ächzen zunehmend unter den Belastungen von hohen Krankenständen und den damit einhergehenden Entgeltfortzahlungskosten und Produktionsausfällen. Die Anzahl der Fehltage pro Arbeitnehmer stieg zuletzt im Jahr 2017 auf 10,6 Tage. Es lässt sich jedoch nur mutmaßen, wie hoch hieran der Anteil von zu Unrecht geltend gemachter Entgeltfortzahlung liegt. Arbeitnehmer die eine Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgeben, obwohl sie tatsächlich arbeitsfähig wären, belasten das System. Schätzungen zufolge liegt der Gesamtschaden durch "Krankfeiern" bei rund 1,4 Milliarden Euro im Jahr. Doch was können Arbeitgeber tun, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters bestehen?

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Welche Pflichten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit treffen, regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Demnach steht dem Arbeitnehmer im Grundsatz trotz fehlender Arbeitsleistung ein Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber zu. Auf der anderen Seite sind Arbeitnehmer verpflichtet, eine bestehende Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen, § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Dies kann formlos geschehen, beispielsweise per Telefon, E-Mail oder in sonstiger, betriebsüblicher Weise. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer grundsätzlich nach drei Tagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes beim Arbeitgeber einzureichen, § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG. Hiervon abweichend kann arbeitsverträglich auch vereinbart werden, dass die Pflicht zur Vorlage eines Attests bereits ab dem ersten Krankheitstag besteht.

Unterschied zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit

Die Begriffe Krankheit und Arbeitsunfähigkeit sind nicht deckungsgleich. Vielmehr verursacht eine Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeit nur, wenn die konkret geschuldete Arbeit infolge der Krankheit nicht mehr ausgeübt werden kann. Die Beurteilung hat sich somit immer am konkreten Arbeitsplatz und den entsprechenden Anforderungen zu orientieren.

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit

In einem möglichen Rechtsstreit kommt einem ärztlichen Attest grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. Hat der Arbeitgeber - trotz Attest - Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers, muss er den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung erschüttern. Dafür muss der Arbeitgeber Tatsachen vortragen, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit geben. Die Rechtsprechung sieht den Beweiswert eines ärztlichen Attests beispielsweise als erschüttert an, wenn eine Bescheinigung ohne Untersuchung ausgestellt (Bundessozialgericht, 16.12.14 - B1 KR 25/14), mehr als zwei Tage rückdatiert (LAG Rheinland-Pfalz, 13.01.15 - 8 Sa 373/14) oder die Arbeitsunfähigkeit bereits vom Arbeitnehmer angekündigt wurde (Bundesarbeitsgericht, 17.06.2003 - 2 AZR 123/02). Gelingt dies dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer wieder den vollen Beweis für seine Arbeitsunfähigkeit erbringen.

Ermittlungsmaßnahmen

Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit können Arbeitgeber den medizinischen Dienst der Krankenversicherung einschalten. Dieser gibt eine gutachterliche Stellungnahme zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab. Dies kann hilfreich, unter Umständen jedoch auch langwierig sein.

Arbeitgeber können allerdings im Verdachtsfall auch selbst nachforschen. Insofern kann es sich anbieten, das Internet nach allgemein zugänglichen Informationen zu überprüfen (z.B. Beiträge in sozialen Medien) oder beispielsweise auch einen Detektiv einzusetzen (Ausführungen zum Einsatz von Detektiven finden Sie hier).

Konsequenzen des Krankfeierns

Wer beim Krankfeiern erwischt wird, dem droht die fristlose Kündigung. Arbeitnehmer riskieren somit den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses. Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit stellt nämlich regelmäßig einen versuchten Betrug zulasten des Arbeitgebers dar, worauf dieser grundsätzlich auch mit einer fristlosen Kündigung reagieren darf. Daneben kann das Verhalten des Arbeitnehmers selbstverständlich auch mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung oder einer Abmahnung sanktioniert werden. Im Einzelfall kann sogar die Einleitung eines Strafverfahrens angebracht sein.

Fazit

Bestehen begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters, kann es für Arbeitgeber durchaus Sinn machen, diesen auf den Grund zu gehen. Die notwendigen Kosten können sich gerade im Hinblick auf die Kosten für Entgeltfortzahlung sowie eventuelle betriebliche Ausfälle rechnen. Zudem besteht beispielsweise auch die Möglichkeit, die Kosten für zulässige Detektiveinsätze vom überführten Arbeitnehmer ersetzt zu verlangen. In jedem Fall sollten Rechtsabteilungen bzw. beratende Kanzleien im Verdachtsfall bereits frühzeitig eingebunden werden, um rechtliche Hürden zu identifizieren und zu überwinden.