Was ich Ihnen bislang in dieser kleinen Reihe geschrieben habe, darf nicht zu der Fehleinschätzung führen, bei internen Untersuchungen dürfe man es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Das wäre ein Kardinalfehler, denn eines muss klar sein: mit einer eigenen Untersuchung riskieren Sie Ihre persönliche Glaubwürdigkeit bzw. die Glaubwürdigkeit des Unternehmens. Sie können es sich nicht leisten, Fakten zu verbergen oder zu verbiegen. Auch darf nicht der Eindruck entstehen, sie würden notwendige Sicherheitsverbesserungen blockieren wollen. Beides führt zu schweren Imageschäden, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt. Und selbst wenn das nicht passiert, verlieren sie in einem solchen Fall jeden Goodwill der Behörden und können nicht mehr mit Entgegenkommen rechnen.
Aus rechtlicher Sicht kann eine interne Untersuchung zum Beispiel folgende Ziele verfolgen, wobei es nicht immer alle gleichzeitig sein müssen:
- Sie kann klären, ob Unternehmen in Bezug auf gesetzliche Pflichten handeln muss.
- Sie kann die organisatorische Struktur und den Weiterbetrieb des Unternehmens schützen, eine sachliche Diskussion behördlicher Forderungen auf Augenhöhe ermöglichen (was natürlich freiwillige Maßnahmen nicht ausschließt, wenn diese für angemessen erachtet werden).
- Sie kann eine realistische Einschätzung von potentiellen finanziellen Forderungen liefern.
- Sie kann Verteidigungsspielräume für Individuen sichern, soweit möglich.
- Sie kann Grundlage für interne Maßnahmen sein.
Damit das klappt, ist wichtig, die Ziele und die Strategie der Untersuchung zu Beginn zu klären. Daraus leiten sich nämlich Folgerungen für einzelne Schritte ab, zum Beispiel dafür, wer Mitarbeiter befragt und wie die Ergebnisse solcher Befragungen dokumentiert werden. Wichtig ist auch eine Verständigung darüber, wo Dokumente aufbewahrt werden, wer wem berichtet und natürlich: wie der Abschlussbericht aussehen soll.
Auch an dieser Stelle kann ihre Rechtsabteilung weiterhelfen. Sie kann insbesondere das Thema Vertraulichkeit durch verschiedene Maßnahmen so weit als möglich absichern. So kann zum Beispiel Ängsten von Mitarbeitern (siehe dazu Teil 2) oft schon dadurch begegnet werden, dass die Mitglieder eines Untersuchungsteams eine Vertraulichkeitserklärung mit der Geschäftsführung des Unternehmens schließen. Das hilft zwar nicht gegen die gesetzlichen Befugnisse von Behörden, denn die können sie natürlich nicht einfach ausschließen. Zumindest lässt sich aber durch eine Vertraulichkeitsvereinbarung absichern, dass Informationen Mitarbeitern dann nicht schaden, wenn es gar nicht zu einer behördlichen Untersuchung kommt oder wenn diese auf die Befragung der Mitarbeiter verzichtet.
Sinnvoll ist das natürlich nur, wenn der Abschlussbericht so gestaltet wird, dass er vorwurfsfrei darstellt, was passiert ist, welche Ursache(n) identifiziert wurde(n) und gegebenenfalls, welche Maßnahmen für die Zukunft zu treffen sind. Ob dies gewünscht ist, muss die Führungsspitze ganz zu Anfang entscheiden, denn danach richten sich viele Einzelheiten. Wichtig ist nur, dass die Entscheidung über die konkreten Ziele einer internen Untersuchung mit Bedacht getroffen und mit den Beteiligten abgestimmt wird. So gibt es durchaus Untersucher, welche die Hauptaufgabe eines Untersuchungsberichts darin sehen, als Grundlage für Strafanzeigen oder Klageverfahren zu dienen – das ist vollkommen legitim, aber nicht mit allen oben genannten Zielen vereinbar, welche man prinzipiell verfolgen könnte. Die wichtigsten Unterschiede bestehen darin, ob ein Abschlussbericht argumentativ mit einer Tendenz verfasst wird oder im Stile eines Gerichtsurteils neutral und ob der Bericht zur rechtlichen Bewertung Stellung nimmt.