Die insbesondere durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vorangetriebene Stärkung und Ausdehnung des Verbandsklagerechts hat anerkannte Umweltvereinigungen in die Zulassung umweltrelevanter (Infrastruktur-)Vorhaben betreffenden Verwaltungsstreitverfahren zu bedeutsamen Akteuren gemacht. In welchem Umfang anerkannte Umweltverbände über die von ihnen satzungsmäßig wahrgenommenen Umwelt- und Naturschutzbelange hinaus behördliche Zulassungsentscheidungen auch unter sonstigen Aspekten einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen lassen können, ist immer noch nicht in allen Details abschließend geklärt.
Wichtige Klarstellungen enthält in diesem Zusammenhang das auf eine Umweltverbandsklage hin zum Az. 9 A 7.19 ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 03.11.2020 (Feste Fehmarnbeltquerung), dessen schriftliche Begründung seit Ende Juni 2021 vorliegt. In dieser Entscheidung betont das BVerwG zunächst, dass ungeachtet der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) geforderten Berührung einer anerkannten Umweltvereinigung in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich die grundsätzliche verbandsseitige Rügefähigkeit von Rechtsvorschriften nicht durch einen „zu eng gefassten Satzungsbezug konterkariert werden“ dürfe. Gemessen hieran könnten anerkannte Umweltvereinigungen die in § 1 Abs. 1 UmwRG angeführten rechtsbehelfsfähigen Entscheidungen nicht nur unter dem Gesichtspunkt spezifischen Umweltthemen gerichtlich angreifen, sondern prinzipiell auch sonstige Defizite der zur Überprüfung gestellten Entscheidung geltend machen, soweit die thematisierten Aspekte zumindest mittelbar eine Umweltrelevanz aufweisen. Nichtsdestotrotz – so das BVerwG klarstellend – räume das Verbandsklagerecht anerkannten Umweltvereinigungen grundsätzlich keine Befugnis ein, sich zum Sachwalter von Rechten zu machen, die nach der Rechtsordnung bestimmten anderen Rechtsinhabern zur eigenverantwortlichen, ausschließlichen Wahrnehmung und Konkretisierung zugewiesen seien. Dies gelte insbesondere für gemeindliche Belange, die in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) mit Verfassungsrang den Kommunen zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen seien und deren Wahrung der Gesetzgeber daher nicht privaten (Umwelt-) Vereinigungen überlassen könne. Eine Zuweisung entsprechender Rechte schließe stets zugleich den Verzicht auf ihre Geltendmachung ein. Diese Autonomie des betreffenden Rechtsinhabers würde entwertet, könnte sich ein Dritter spezifisch zugewiesene Rechte im Wege einer gegen das Vorhaben gerichteten Klage zu eigen machen.
Diese Präzisierung der Reichweite des Umweltverbandsklagerechts ist zu begrüßen. Zu den seitens anerkannter Umweltvereinigungen nicht rügefähigen Rechten Dritter gehören neben der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie richtigerweise auch ausschließlich privaten Dritten zugewiesene Rechte. In verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren tritt nicht selten die Konstellation auf, dass Dritte, die durch die Planung eines (Infrastruktur-) Vorhabens in subjektiven Rechten betroffen werden (z.B. durch vorhabenbedingte Immissionen oder die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums) selbst nicht gegen die Zulassungsentscheidung klagen, ihre berührten privaten Belange indes durch anerkannte Verbände im Verwaltungsstreitverfahren geltend gemacht werden. Auch in derartigen Konstellationen ist es in Anlehnung an das hier auszugsweise wiedergegebene Urteil des BVerwG vom 03.11.2020 zur Festen Fehmarnbeltquerung überzeugend, lediglich den Inhaber eines spezifisch zugewiesenen Individualrechts im Hinblick auf den allein ihn betreffenden Belang als ausschließlich klage- und rügebefugt anzusehen. Eine Sachwalterstellung anerkannter Umweltverbände ist in Bezug auf die Geltendmachung von Individualrechten Dritter abzulehnen.