Zum Umfang der Ausfallhaftung der Mitgesellschafter nach § 24 GmbHG

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung (BGH, Urt. v. 18.09.2018 - II ZR 312/16) hat der BGH den Anwendungsbereich des § 24 GmbHG auch auf Gesellschafter erstreckt, die ihre Gesellschafterstellung erst nach Fälligkeit der betreffenden Einlageforderung, derentwegen das Kaduzierungsverfahren eingeleitet wurde, erworben haben.

Kaduzierung bezeichnet den Zwangsausschluss von Gesellschaftern einer GmbH, die ihrer Verpflichtung zur Zahlung auf die Stammeinlage nicht rechtzeitig nachgekommen sind.

Zu entscheidender Sachverhalt

Kläger war der Insolvenzverwalter über das Vermögen der K-GmbH, einer Ein-Mann GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 21.06.2004 durch den Alleingesellschafter H errichtet wurde. Die nach dem Gesellschaftsvertrag sofort fällige und zahlbare Stammeinlage wurde von H zunächst erbracht; bis zur Eintragung der K-GmbH aber in Höhe von insgesamt EUR 18.800,69 wieder an diesen zurückgezahlt. Zudem bestand bei Eintragung der K-GmbH im Handelsregister eine Unterbilanz von EUR 32.693,29. Mit Vertrag vom 15.04.2005 teilte H seinen Geschäftsanteil in einen Anteil von EUR 17.500,00 und zwei Anteile von EUR 3.750,00 und verkaufte und übertrug je einen Anteil von EUR 3.750,00 an die beiden Beklagten. Nachdem im Januar 2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K-GmbH eröffnet wurde, erhob der Kläger zunächst gegen H und die Beklagten Klage als Gesamtschuldner und verlangte von diesen Leistung der offenen Stammeinlage und Erstattung der Unterbilanz. Gegen die beiden Erwerber der Anteile war die Klage nur in Höhe ihres Anteils am Stammkapital erfolgreich. Nachdem Zwangsvollstreckungsversuche in Deutschland gegen den inzwischen nach Spanien verzogenen H erfolglos blieben, leitete der Kläger das Kaduzierungsverfahren gegen diesen ein und erhob zudem Klage gegen die Erwerber der Anteile auf Ausfallhaftung für die gegen H titulierten Ansprüche auf Leistung der Einlage und Ausgleich der Unterbilanz. Der Geschäftsanteil des H wurde im Laufe dieses Rechtsstreits erfolgreich kaduziert.

Entscheidung der Vorinstanz

Während das zunächst angegangene Landgericht der Klage stattgab, hat das OLG Jena mit Urteil vom 26.10.2016 die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

Das erkennende Berufungsgericht stellte sich auf den Standpunkt, dass es für eine Inanspruchnahme nach § 24 GmbHG darauf ankäme, ob die Beklagten bereits Mitgesellschafter der K-GmbH gewesen sind, als die Einlageforderung des H fällig wurde. Es genüge für die Anwendbarkeit des § 24 GmbHG nicht, dass die Gesellschaftereigenschaft irgendwann in einem Zeitpunkt bestanden habe, zu dem die bereits eingetretene Fälligkeit der Forderung nur fortbestanden habe. Da die Verpflichtung zur Zahlung der Einlage durch H im Zeitpunkt des Eintritts der Beklagten in die K-GmbH ebenso bereits bestand, wie die Pflicht zum Ausgleich der Unterbilanz, seien die Beklagten keine "übrigen Gesellschafter" im Sinne des § 24 GmbHG gewesen.

Entscheidung des BGH

Der erkennende Senat des BGH entschied, dass auch der Anteilserwerber nach § 24 GmbHG haftet, der seinen Anteil erworben hat nachdem die zum Kaduzierungsverfahren führende Einlagenforderung bereits fällig war. Der Wortlaut des § 24 GmbHG differenziere nicht danach, ob die übrigen Gesellschafter ihre Gesellschafterstellung vor oder erst nach Fälligkeit der dem Kaduzierungsverfahren zugrundeliegende Einlageforderung erworben haben. Weiterhin rekurrierte der BGH auf den von § 24 GmbHG verfolgten Schutzzweck, nämlich die Sicherung der Kapitalaufbringung und den damit einhergehenden Gläubigerschutz. Entscheidend sei nicht die Stellung als Mitgesellschafter im Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Einlageforderung, sondern die einem jedem Geschäftsanteil immanente Pflicht zur Ausfallhaftung gem. § 24 GmbHG. Auch der spätere Erwerber eines Geschäftsanteils unterläge der Haftung nach § 24 GmbHG, da er mit Begründung seiner Gesellschafterstellung in die mit der Mitgliedschaft verbundenen Pflichten eintritt. Zu diesen Pflichten zähle auch die Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG.

Fazit

Die Gesamtverantwortung der Gesellschafter für die Einlageerbringung birgt besondere Haftungsrisiken für die Erwerber von Geschäftsanteilen. Gemäß § 24 GmbHG haften die Gesellschafter anteilig für die Erbringung der Einlageverpflichtung ihrer Mitgesellschafter. Diese Mithaftung kann gemäß § 24 S. 2 GmbHG jedoch im Extremfall dazu führen, dass ein nur geringfügig Beteiligter für den Ausfall sämtlicher Mitgesellschafter einzustehen und somit allein die ausstehende Einlage aufzubringen hat. Das Haftungsrisiko wird noch dadurch verstärkt, dass der Anspruch nach § 24 GmbHG die Erstattung der Unterbilanz mitumfasst und diese Haftung den Betrag des Stammkapitals übersteigen kann.

Erwerber von Geschäftsanteilen sind somit gut beraten, die ordnungsgemäße Erbringung sämtlicher Einlagen eingehend zu prüfen.