Zur Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands auf den gemeinnützigen Zweck der Stiftung

Im April dieses Jahres hat der BGH in einem Grundsatzurteil (III ZR 139/20) entschieden, dass die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands grundsätzlich umfassend und unbeschränkt ist (§ 26 Abs. 1 S. 2 iVm. § 86 S. 1 BGB; § 84 Abs. 2 BGB nFmWv. 01.07.2023), mithin keiner generellen Einschränkung durch den Stiftungszweck unterliegt.

Der Umfang der Vertretungsmacht kann aber – wie in dem entschiedenen Fall – durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte auf den gemeinnützigen Stiftungszweck begrenzt werden (§ 26 Abs. 1 S. 3 iVm. § 86 S. 1 BGB; § 84 Abs. 3 BGB nFmWv. 01.07.2023).

Status der Gemeinnützigkeit

Über 90 % der ca. 24.000 rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland sind gemeinnützig, d. h. – vereinfacht gesagt – sie verfolgen ausschließlich und unmittelbar einen steuerbegünstigten Zweck. An den Status der Gemeinnützigkeit, der vom Finanzamt festgestellt wird, sind zahlreiche Steuervergünstigungen sowie die Berechtigung geknüpft, sogenannte Spendenbescheinigungen ausstellen zu dürfen.

BGH, Urteil vom 15.04.2021 – III ZR 139/20

Das genannte BGH-Urteil zeigt Stiftungen einen möglichen Baustein zum Schutz des Gemeinnützigkeitsstatus auf. Zwar kann der Vorstand wegen seiner im Grundsatz unbeschränkten Vertretungsmacht die Stiftung regelmäßig auch bei gemeinnützigkeitsschädlichen Rechtsgeschäften wirksam vertreten. In solchen Fällen droht dann die „Aberkennung“ der Gemeinnützigkeit.

Durch eine klare und eindeutige Satzungsbestimmungin Bezug auf die Außenwirkung und den Umfang der Einschränkung – der BGH stellt insoweit keine allzu strengen Anforderungen auf – kann jedoch die Vertretungsmacht des Vorstands auf den gemeinnützigen Stiftungszweck beschränkt werden. Dies schützt die Stiftung vor dem Abschluss gemeinnützigkeitsschädlicher Rechtsgeschäfte, da nur ein Vorstandshandeln im Rahmen der Vertretungsmacht für und gegen sie wirkt (§ 164 Abs. 1 BGB).

Risiko verlagert sich auf die Vertragspartner und den Stiftungsvorstand

Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich bei einer solchen Vertretungsregelung das Risiko einer Fehleinschätzung insbesondere auf die Vertragspartner überträgt. Diese müssen dann die – u.U. schwierige – Frage beantworten, ob das Geschäft mit der Stiftung für diese gemeinützigkeitskonform oder -schädlich ist. Liegen sie falsch, kommt der Vertrag nicht zustande, und es ergeben sich zusätzliche Haftungsfragen, da der Vorstand insoweit als Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt (§ 179 BGB).

Auf Vereine übertragbar, aber keine Option für die gGmbH

Das statutarische Sicherungsinstrument ist zukünftig bei der Gestaltung von Stiftungs- und auch Vereinssatzungen zu beachten. Für die gemeinnützige (Stiftungs-)GmbH ist es hingegen keine Option. Anders als bei – insoweit privilegierten – Stiftungen und Vereinen kann die organschaftliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers einer GmbH nämlich nicht mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden (§ 37 Abs. 2 GmbHG).