Nach § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB steht einem Gesellschafter, der aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausscheidet, ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung zu. Inhalt und Umfang eines solchen Abfindungsanspruchs werden zumeist auch im jeweiligen Gesellschaftsvertrag detailliert geregelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) unterliegt der Abfindungsanspruch gemäß § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
Wird ein Gesellschafter aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausgeschlossen und will er sich gegen die Wirksamkeit seines Ausschlusses gerichtlich zur Wehr setzen, stellt sich für ihn das Problem, dass eine endgültige rechtskräftige Entscheidung häufig erst nach vielen Jahren und damit nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist seines Abfindungsanspruchs vorliegen wird. Zur Vermeidung der Verjährung wäre der Gesellschafter daher gezwungen, unter Aufgabe seines Standpunkts, aus der Gesellschaft nicht wirksam ausgeschlossen worden zu sein, seinen Abfindungsanspruch zu verfolgen und sich damit in Widerspruch zu dem eigentlich verfolgten Rechtsschutzziel zu setzen.
Dieses Spannungsfeld hat der BGH in einem aktuellen Urteil vom 18. Mai 2021 (Az.: II ZR 41/20) nunmehr dahingehend aufgelöst, dass es einem Gesellschafter nicht zugemutet werden kann, seinen Abfindungsanspruch vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Ausschlusses gerichtlich geltend zu machen. Dementsprechend kann zuvor auch noch keine Verjährung eintreten.
Worum ging es?
Die Parteien waren Gesellschafter einer GbR. Im Jahr 2009 wurde der Kläger aus wichtigem Grund aus der GbR ausgeschlossen. Seine auf Feststellung der Nichtigkeit des Ausschließungsbeschlusses gerichtete Klage wies das Berufungsgericht im Januar 2015 endgültig ab. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Klägers wies der BGH im Dezember 2015 zurück.
Mit dem im Jahr 2015 eingeleiteten streitgegenständlichen Verfahren verlangte der Kläger unter anderem die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.125.000 €. Die Beklagten erhoben die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH hat nunmehr entschieden, dass das Berufungsgericht zu Unrecht von der Verjährung des Abfindungsanspruchs ausgegangen sei. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger bereits im Jahr 2009 Kenntnis von den den Anspruch
begründenden Umständen und der Person des Schuldners hatte (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), halte der rechtlichen Prüfung nicht stand.
Der Verjährungsbeginn setze aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich sei in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise könne die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehle es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Der Zumutbarkeit einer Klageerhebung könne es auch entgegenstehen, dass der Gläubiger sich mit der Klage zu seinem Vorbringen in einem noch nicht abgeschlossenen Vorprozess in Widerspruch setzen müsste.
Mache der durch einen Gesellschafterbeschluss ausgeschlossene Gesellschafter die Nichtigkeit des Ausschließungsbeschlusses geltend, beruhe die Beurteilung, ob ein den Ausschluss rechtfertigender wichtiger Grund vorlag, auf einer Würdigung und Abwägung von tatsächlichen Umständen, deren Ergebnis auch der Rechtskundige häufig nur schwer vorhersehen könne. Die beim möglichen Abfindungsgläubiger hierdurch auftretende Ungewissheit über die Wirksamkeit seines Ausschlusses stehe wertungsmäßig der Tatsachenunkenntnis gleich.
Ein Vertrauen der Gesellschaft bzw. der verbleibenden Gesellschafter, nach der Entscheidung über die Wirksamkeit des Ausschlusses nicht mehr auf eine Abfindung in Anspruch genommen zu werden, sei auch nicht schutzwürdig und diese seien auch ohne weiteres in der Lage, die für die Berechnung eines Abfindungsanspruchs erforderlichen Tatsachen zu erheben und gegebenenfalls zu sichern.