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§ 14 GeschGehG Bearbeiter: Florian Fuchs Stand: 27.06.2019

§ 14 Missbrauchsverbot

Die Geltendmachung der Ansprüche nach diesem Gesetz ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. Bei missbräuchlicher Geltendmachung kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.



Zweck/Hintergrund

Neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung gem. § 9 GeschGehG gibt es ein noch weitergehendes Missbrauchsverbot. Die Gründe, die für das Vorliegen einer missbräuchlichen Anspruchsausübung sprechen, dürften regelmäßig bereits dazu führen, dass der jeweilige Anspruch wegen Unverhältnismäßigkeit nach § 9 GeschGehG ausgeschlossen ist.[1]

Im Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht sind insbesondere Fälle von Massenabmahnungen vor dem Hintergrund von missbräuchlicher Rechtsausübung zu betrachten. Ob eine Inanspruchnahme rechtsmissbräuchlich ist, ist dabei stets unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall zu beurteilen.[2]

Die Regelung setzt Art. 7 Abs. 2 um.

Regelungsinhalt

Während sich § 9 GeschGehG nur auf die Ansprüche nach §§ 6 bis 8 Abs. 1 GeschGehG bezieht, umfasst § 14 GeschGehG alle Ansprüche nach diesem Gesetz, also auch die Schadensersatzansprüche nach § 8 Abs. 2 GeschGehG und § 10 GeschGehG. Ebenso gilt dies auch für mögliche Ansprüche des Verletzers nach § 14 GeschGehG selbst, wobei der Anwendungsbereich dafür rein praktisch eher gering sein dürfte. Es sind jedoch durchaus Konstellationen denkbar, in denen sich beide Parteien missbräuchlich verhalten, sodass Ansprüche des Verletzten ausgeschlossen sind, aber ebenso der Anspruch auf Kostenerstattung des Verletzers, z. B. im Zusammenhang mit einer kartellrechtswidrigen Absprache.

a) Ansprüche auf Kostenersatz

Nach § 14 GeschGehG ist jedoch nicht nur die Geltendmachung der Ansprüche unzulässig, sondern der Anspruchsteller sogar zum Ersatz der Rechtsverteidigungskosten des Anspruchsgegners verpflichtet. Eine vergleichbare Vorschrift findet sich bereits auch in § 8 Abs. 4 UWG. Im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 UWG bezieht sich das Verbot in § 14 GeschGehG nicht nur auf Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, sondern auf alle Ansprüche nach diesem Gesetz (vgl. Rn. 1).

Eine missbräuchliche Geltendmachung liegt vor, wenn sich der Verletzte von sachfremden Motiven, z.B. Beschränkung des Marktzugangs oder Einschüchterung der Gegenseite [3] oder der Verursachung von Kosten für den Rechtsverletzer [4], leiten lässt.[5]

Diese Regelung kann jedoch nur teilweise den Zweck der entsprechenden Regelung aus § 8 Abs. 4 UWG erfüllen. Im UWG ist es nämlich so, dass eine Vielzahl von Ansprüchen unterschiedlicher Anspruchsinhaber wie Mitbewerber und Verbänden besteht.[6] So besteht für den Anspruchsgegner im UWG das Risiko einer Mehrfachinanspruchnahme, die im Einzelfall durchaus rechtsmissbräuchlich sein kann.[7] Im GeschGehG ist jedoch allein der tatsächlich, konkret und unmittelbar in seinen Rechten Verletzte alleiniger Anspruchsinhaber, sodass die Gefahr einer missbräuchlichen Mehrfachinanspruchnahme hier nicht besteht. Gleichwohl besteht natürlich ein Risiko, dass auch Einzelne die Verletzung eines Geschäftsgeheimnis aus sachfremden Gründen verfolgen.

b) Verhältnis zu anderen Ansprüchen

Satz 3 stellt klar, dass weitere Ansprüche, zum Beispiel nach den §§ 823ff. BGB[8] dadurch nicht ausgeschlossen sind. Insbesondere kommen hier Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb [9] und § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung [10] in Betracht. Anders als in § 10 GeschGehG liegt hier ausdrücklich keine abschließende Regelung vor.


[1] Zum Missbrauch bei Unverhältnismäßigkeit KG, GRUR-RR 2008, 212, 213; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG § 8 Rn. 4.10.

[2] Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/4724, S. 34.

[3] Erwägungsgrund 22.

[4] BGH, GRUR 2001, 260, 261.

[5] BGH, GRUR 2010, 454 Rn. 19 – Klassenlotterie.

[6]Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Auflage 2019, § 8 Rn. 4.2.

[7] BGH, GRUR 2002, 357, 358 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung.

[8] Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/4724, S. 34.

[9] Zu unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen BGH GRUR 2011, 152 Rn. 67 – Kinderhochstühle im Internet.

[10] Zu unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen Wagner in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, BGB § 826 Rn. 204.