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§ 15 GeschGehG Bearbeiter: Jens Nebel Stand: 27.06.2019

§ 15 Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung

(1) Für Klagen vor den ordentlichen Gerichten, durch die Ansprüche nach diesem Gesetz geltend gemacht werden, sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

(2) Für Klagen nach Absatz 1 ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist.

(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Landgericht die Klagen nach Absatz 1 der Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung die den Gerichten eines Landes obliegenden Klagen nach Absatz 1 insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.



1. Zweck/Hintergrund

Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten geeignete Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vorsehen, um einen zivilrechtlichen Schutz vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zu gewährleisten.

§ 15 GeschGehG trifft insoweit eine von den allgemeinen Regeln der §§ 12 ff. ZPO abweichende Regelung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit für Geschäftsgeheimnisstreitsachen, auch wenn dieser, in § 16 Abs. 1 GeschGehG legaldefinierte Begriff in § 15 GeschGehG nicht ausdrücklich verwendet wird. Dies dient – wie vergleichbare Regelungen in immaterialgüterrechtlichen Spezialgesetzen – dazu, eine hinreichende Expertise der Gerichte zu gewährleisten. Dem dient nicht nur die generelle Zuständigkeit der Landgerichte, sondern insbesondere die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Verhandlung von Geschäftsgeheimnisstreitsachen bei bestimmten Gerichten zu konzentrieren. Häufig wird diese Konzentration innerhalb eines Gerichts zudem per Geschäftsverteilungsplan durch Bündelung der Verfahren bei bestimmten Kammern verstärkt.

2. Regelungsinhalt

a) Sachliche Zuständigkeit (Abs. 1)

Abs. 1 weist Geschäftsgeheimnisstreitsachen ohne Rücksicht auf den Streitwert der sachlichen Zuständigkeit der Landgerichte zu. Parallelregelungen finden sich z. B. in § 13 Abs. 1 S. 1 UWG oder § 143 Abs. 1 PatG. Zur Definition der Geschäftsgeheimnisstreitsache siehe § 16 Rn. 2 GeschGehG.

b) Örtliche Zuständigkeit (Abs. 2)

Abs. 2 regelt die örtliche Zuständigkeit für Geschäftsgeheimnisstreitsachen. Ausschließlich zuständig ist das Gericht des allgemeinen Gerichtsstands des Beklagten (Satz 1). Der besondere Gerichtsstand des Begehungsortes bei deliktischem Handeln (§ 32 ZPO) ist damit aufgrund der vorrangigen spezialgesetzlichen Regelung nicht anwendbar. Auch der Gerichtsstand der Widerklage (§ 33 ZPO) ist damit ausgeschlossen (§ 33 Abs. 2 i.V.m. § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO).

Der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten richtet sich nach den §§ 13 ff. ZPO. Nur soweit der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ist der Gerichtsstand des Begehungsortes gegeben. Hierfür gelten die gleichen Maßstäbe wie zu § 32 ZPO, d. h. es ist der Gerichtsstand sowohl am Ort der Tathandlung als auch am Ort des Taterfolges gegeben. Da zum tatbestandlichen Erfolg bei keiner der in § 4 GeschGehG genannten unerlaubten Handlungen der Eintritt eines Schadens erforderlich ist, ist der Ort des Schadenseintritts für die Bestimmung des Begehungsortes ohne Bedeutung.[1]

c) Verordnungsermächtigung (Abs. 3)

Die Landesgesetzgeber können die Zuständigkeit für Geschäftsgeheimnisstreitsachen bei einzelnen Landgerichten – im Wege eines Staatsvertrages auch bundeslandübergreifend [2]konzentrieren, wie dies in anderen Fällen besonderer Streitsachen (z. B. §§ 13 Abs. 2 UWG, 143 Abs. 2 PatG, 140 Abs. 2 MarkenG etc.) bereits üblich ist.

Bis dato wurde von der Verordnungsermächtigung noch kein Gebrauch gemacht.

3. Besondere Bezüge/Prozessuales

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten soll laut Gesetzesbegründung unberührt bleiben.[3] Eine ausdrückliche Regelung hierzu fehlt allerdings (anders als in Parallelregelungen in anderen Gesetzen, vgl. z. B. § 104 S. 2 UrhG). Insoweit erscheint die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte in Geschäftsgeheimnisstreitsachen zweifelhaft, fehlt es doch an einer Zuständigkeitsregelung im ArbGG, wie diese beispielsweise in § 2 Abs. 2 ArbGG für Arbeitnehmererfindungssachen oder Urheberrechtsstreitsachen explizit vorgesehen ist. Die nach § 2 Abs. 3 ArbGG mögliche Zuständigkeitsbegründung sog. Zusammenhangsklagen scheitert an der ausdrücklichen Zuweisung von Geschäftsgeheimnisstreitsachen an die Landgerichte.[4]

Für die Begründung der Zuständigkeit ist allein der insoweit als zutreffend zu unterstellende Sachvortrag des Klägers und dessen objektive rechtliche Einordnung maßgeblich und ausreichend.[5] Ob sich der Sachvortrag als zutreffend oder die geltend gemachten Ansprüche aus diesem Gesetz als begründet darstellen, ist für die Zulässigkeit hingegen ohne Belang.


[1] Vgl. BGH, NJW 1980, 1224, 1225.

[2] Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/4724, S. 35.

[3] Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/4724, S. 34.

[4] Vgl. zur Nichtanwendbarkeit von § 2 Abs. 3 ArbGG bei wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen BAG, NZA 2010, 1086.

[5] Vgl. BGH, Beschluss vom 04.03.2004, Az. I ZR 50/03, GRUR 2004, 622 – ritter.de.