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§ 17 GeschGehG Bearbeiter: Jens Nebel Stand: 27.06.2019

§ 17 Ordnungsmittel

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einer Partei bei Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtungen nach § 16 Absatz 2 ein Ordnungsgeld bis zu 100 000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festsetzen und sofort vollstrecken. Bei der Festsetzung von Ordnungsgeld ist zugleich für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zu bestimmen, in welchem Maße Ordnungshaft an seine Stelle tritt. Die Beschwerde gegen ein nach Satz 1 verhängtes Ordnungsmittel entfaltet aufschiebende Wirkung.



Zweck/Hintergrund

§ 17 GeschGehG regelt die Anordnung von Ordnungsmitteln im Falle der Zuwiderhandlung gegen die aus § 16 Abs. 2 GeschGehG resultierenden Verpflichtungen.

2. Regelungsinhalt

a) Zuständigkeit

Zuständig für die Anordnung ist das Gericht der Hauptsache, nicht das Prozessgericht erster Instanz. Gemäß § 20 Abs. 6 GeschGehG ist dies das Gericht des ersten Rechtszuges oder das Berufungsgericht, wenn die Hauptsache in der Berufungsinstanz anhängig ist. Dies bedeutet, dass die Zuständigkeit von der Instanz abhängt, in der sich der Rechtsstreit zum Zeitpunkt des Antrages befindet. Im Falle einer Revision bleibt es bei einer Zuständigkeit des vorangehenden Berufungsgerichts. Nach Abschluss des Rechtsstreits bleibt das Gericht zuständig, das zuletzt während des Rechtsstreites zuständig war.

b) Verfahren

Für das Verfahren gelten die §§ 890 ff. ZPO entsprechend,[1] soweit § 17 und § 20 GeschGehG keine abweichenden Regelungen treffen. Allerdings modifiziert § 17 GeschGehG den Rahmen der Ordnungsmittel, indem die Obergrenze nicht bei 250.000 Euro, sondern lediglich bei 100.000 Euro angesiedelt ist. Die Ordnungshaft darf als originär festgesetztes Mittel sechs Monate nicht übersteigen. Eine mehrfache Festsetzung ist möglich. Die in § 890 Abs. 2 ZPO vorgesehene Obergrenze der Ordnungshaft von zwei Jahren sollte entsprechend angewendet werden. Auch wenn § 17 GeschGehG kein Höchstmaß für die Ersatzordnungshaft bestimmt, sollte die für originäre Ordnungshaft geltende Grenze von sechs Monaten zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch bei der Ersatzordnungshaft angewendet werden.

Das Ordnungsgeld beträgt mindestens fünf Euro, die Ordnungshaft mindestens einen Tag (Art. 6 EGStGB).

c) Androhung

Das Gericht hat zwar wie in § 20 Abs. 5 Satz 2 GeschGehG vorgesehen auf die Folgen der Zuwiderhandlung nach § 17 GeschGehG hinzuweisen. Gleichwohl ist zusätzlich auf Antrag der Partei eine Androhung im Sinne von § 890 Abs. 2 ZPO erforderlich, denn erst die Androhung bringt den Willen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses zur zwangsweisen Durchsetzung der Verpflichtungen aus § 16 Abs. 2 GeschGehG.[2] Der in § 20 Abs. 5 Satz 2 GeschGehG vorgesehene Hinweis verdeutlicht das unmittelbare Bevorstehen der Sanktion im Falle der Zuwiderhandlung nur unzureichend zum Ausdruck. Zweckmäßigerweise sollte derjenige, der die Einstufung von Informationen als geheimhaltungsbedürftig beantragt, diesen Antrag zugleich mit einem Antrag auf Androhung verbinden.

Die Verhängung eines Ordnungsmittels setzt einen schuldhaften Verstoß gegen die Verpflichtung des § 16 Abs. 2 GeschGehG voraus, weil die Festsetzung eines Ordnungsmittels strafrechtliche Elemente enthält.[3] Dem Verstoß muss die Androhung[4] zeitlich vorausgegangen sein.[5]

3. Besondere Bezüge/Prozessuales

Die Verhängung eines Ordnungsmittels ist keine abschließende Sanktion. Der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses kann bei einem Verstoß zudem ein Verfahren wegen der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses einleiten.[6] Ebenso sind parallel strafrechtliche Sanktionen nach § 23 GeschGehG möglich.[7]

Die Androhung und/oder Festsetzung eines Ordnungsmittels kann mit der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) angefochten werden.[8] Die Beschwerde hat im Einklang mit § 570 ZPO aufschiebende Wirkung, wie Satz 3 anordnet.

Soweit der im Rechtsstreit erwirkte Vollstreckungstitel das Verbot der Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zum Gegenstand hat, deren Geheimhaltungsbedürftigkeit zuvor im Verfahren angeordnet wurde, konsumiert dieser Titel die Anordnung nach § 16 Abs. 1 GeschGehG, denn die Entscheidung in der Hauptsache soll in diesem Fall eine abschließende Regelung treffen (arg. ex § 20 Abs. 5 Satz 4 GeschGehG). Im Falle eines Verstoßes können somit nicht zwei Ordnungsmittel nebeneinander verhängt werden.


[1] Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 19/4724, Anl. 3, in dem ausgeführt wird, dass „wohl“ § 570 Abs. 1 ZPO anwendbar sei, woraus sowohl die Anwendbarkeit der §§ 890 ff. als auch 793 ff. ZPO folgt. Nach der Gegenäußerung der Bundesregierung handelt es sich um eine Klarstellung, vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 19/4724, Anl. 4.

[2] Vgl. Stürner, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 32. Edition, Stand: 01.03.2019, § 890 Rn. 29

[3] Vgl. BVerfG, GRUR 2007, 618, 619.

[4] Rn. 6.

[5] Vgl. BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung.

[6] § 16 Rn. 13.

[7] Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/4724, S. 36.

[8] Rn 1.