Am 27.04.2017 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben beschlossen. Das Gesetz enthält grundlegende Änderungen u.a. des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
Hervorzuheben ist die Erweiterung der Rechtsbehelfsmöglichkeiten anerkannter Vereinigungen. Diese können auf Grundlage des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zukünftig gegen Verwaltungsakte und auch gegen öffentlich-rechtliche Verträge, durch die Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften zugelassen werden (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 UmwRG neu), Widerspruch einlegen bzw. klagen. Die bisherige Einschränkung der Rechtsbehelfsmöglichkeiten anerkannter Vereinigungen auf bestimmte Verwaltungsakte – insbesondere Planfeststellungsbeschlüsse und Verwaltungsakte mit Umweltverträglichkeitsprüfung – gilt damit nicht mehr. Alle Entscheidungen, die unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften ergehen, sind durch anerkannte Vereinigungen zukünftig angreifbar. Um umweltbezogene Rechtsvorschriften in diesem Sinne handelt es sich – das definiert § 1 Abs. 4 UmwRG neu – bei Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen, wie Luft oder Atmosphäre, Wasser, Boden, Landwirtschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete etc. oder auf Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle, Emissionen etc. beziehen. Kurz gefasst kann damit gesagt werden, dass alle Entscheidungen mit einer irgendwie gearteten und irgendwie erkennbaren Umweltrelevanz zukünftig von anerkannten Vereinigungen angreifbar sind.
Dies sollte nach der Entwurfsfassung der Bundesregierung aus September 2016 (BT-Drs. 18/9526) erst gelten für Entscheidungen, die nach dem 31.12.2016 ergangen sind oder hätten ergehen müssen. Entscheidungen früheren Datums wären damit durch die erheblich ausgeweiteten Rechtsschutzmöglichkeiten anerkannter Vereinigungen nicht betroffen gewesen. Auf Empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit aus April 2017 (BT-Drs. 18/12146) hat der Bundestag aber beschlossen, diese Fristenregelung zu ändern. Die Erweiterung der Rechtsbehelfsmöglichkeiten anerkannter Vereinigungen auf Entscheidungen unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften gilt nach dem jetzt vom Bundestag beschlossenen Gesetz für alle Entscheidungen, die am Tag des Inkrafttretens der Neuregelung noch keine Bestandskraft erlangt haben oder nach diesem Zeitpunkt ergangen sind oder hätten ergehen müssen. Damit unterliegen auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch nicht bestandskräftige Entscheidungen, die ggf. bereits vor längerer Zeit ergangen sind, den neuen, erweiterten Rechtsschutzmöglichkeiten anerkannter Vereinigungen. Dies ist vor dem Hintergrund ggf. bereits seit langem anhängiger und bisher unzulässiger Widersprüche oder Klagen anerkannter Vereinigungen, die jetzt rückwirkend zulässig werden können, kritisch zu sehen. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus in diesem Zusammenhang, dass sich die Frage der Bestandskraft einer Entscheidung immer nach den individuellen Gegebenheiten richtet und Verwaltungsakte, die einer anerkannten Vereinigung gegenüber nicht bekannt gegeben worden sind, von dieser binnen eines Jahres, nachdem sie Kenntnis von der Entscheidung erlangt hat oder hätte erlangen können, längstens binnen zwei Jahren nach Erlass der Entscheidung, angegriffen werden können. Damit kann die gesetzliche Neuregelung durchaus auch Konsequenzen für Entscheidungen mit Umweltrelevanz aus dem Zeitraum der Jahre 2015/2016 haben, wenn diese nun gestützt auf die gesetzliche Neuregelung noch beklagt werden sollten.