Auskunftsansprüche des Miterben gegen einen anderen Miterben

 

Wird der Erblasser von mehreren Miterben beerbt, besteht nicht selten ein gewisses Informationsgefälle zwischen den einzelnen (Mit-)Erben. So kann es sein, dass einer der Miterben mit dem Erblasser zusammengewohnt und mit diesem persönlich eng verbunden war, während der andere Erbe weniger oder gar keinen Kontakt zum Erblasser hatte.

In diesem Fall stellt sich für Letzteren die Frage, welche Gegenstände überhaupt zum Nachlass gehören und was mit diesen Vermögensgegenständen nach dem Erbfall geschehen ist. Für die Beantwortung dieses Fragen wird häufig eine direkte Anfrage an den – besser informierten – Miterben gestellt.

Ein allgemeiner Auskunftsanspruch unter Miterben besteht jedoch nicht. Die gebotene Mitwirkung der Erben bei der Verwaltung des Nachlasses verpflichtet die Miterben nicht zur Auskunftserteilung über den Nachlassbestand. Jeder Miterbe ist – unabhängig von seiner Erbquote – grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, sich über Bestand und Wert des Nachlasses selbst zu informieren.

Von diesem Grundsatz bestehen jedoch Ausnahmen.

So können die übrigen Miterben beispielsweise von demjenigen Miterben, der nach dem Tod des Erblassers Nachlassgegenstände in Besitz genommen hat und sich verhält wie ein Alleinerbe (also z.B. Dinge aus der Wohnung des Erblassers an sich nimmt), Auskunft über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände verlangen (§ 2027 Abs. 1 BGB).

Gleiches gilt bei einem Handeln für die Erbengemeinschaft, z.B. indem ein Erbe die Abwicklung des Nachlasses durchführt. Ist er von den übrigen Miterben dazu beauftragt worden, ergibt sich der Auskunftsanspruch direkt aus dem Auftragsverhältnis (§ 666 BGB). Handelt der Miterbe eigenmächtig, kann er als sog. „Geschäftsführer ohne Auftrag“ zur Auskunftserteilung verpflichtet sein.

Auskunftspflichtig ist weiterhin auch derjenige, der zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat (§ 2028 BGB). Er muss den Erben erläutern, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Nachlassgegenstände bekannt ist.

Ebenfalls auskunftspflichtig können Miterben sein, die aufgrund einer Generalvollmacht für den Erblasser tätig waren. Liegt der Vollmachtserteilung zugleich ein Auftragsverhältnis zugrunde, was i.d.R. durch Auslegung zu ermitteln ist, geht mit dem Erbfall das Recht auf Auskunft- und Rechenschaftslegung des Erblassers (§ 666 BGB) auf die Erbengemeinschaft über. 

Nunmehr hat das OLG Saarbrücken (Urt. v. 17.12.2021 – 5 U 42/21) bestätigt, dass auch ein als Betreuer des Erblassers tätiger Miterbe entsprechenden Auskunftspflichten unterliegt (vgl. §§ 1890, 1908i Abs. 1, 1922 BGB). Dieser ist, soweit ihm auch die Vermögenssorge übertragen worden war, gegenüber der Erbengemeinschaft zur Vermögensherausgabe und Rechnungslegung verpflichtet.

Zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses, d.h. einer übersichtlichen Gesamtdarstellung aller vorhandenen Nachlassgegenstände, notwendig. Die vorstehenden Auskunftsansprüche kann sodann jeder Miterbe für den Nachlass in gesetzlicher Prozessstandschaft (§ 2039 BGB) geltend machen.

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