I. Sachverhalt
Die Obergesellschaft, eine Schiffsfond UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, war mit Einlagen von jeweils 4,3 Mio. € als Kommanditist an drei GmbH & Co. KGs beteiligt, die jeweils ein Schiff betrieben hatten und insolvent wurden (Untergesellschaften). Der Kläger war der Insolvenzverwalter der 3 Untergesellschaften. Der Beklagte war Kommanditist der Obergesellschaft; an den Untergesellschaften war er nicht beteiligt.
Die Untergesellschaften hatten nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen an die Obergesellschaft geleistet, von denen dieser noch jeweils knapp 950 T€ verblieben. Damit haftete die Obergesellschaft jeder der Untergesellschaften in diesem Umfang. - Der Beklagte erhielt von 2004 bis 2007 von der Obergesellschaft nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen der Obergesellschaft von insgesamt 33.042 €. Der Kläger verlangt von dem Beklagten für jede der drei Untergesellschaften anteilig Zahlung von 11.014 €.
II. Entscheidung
Anspruchsgrundlage sind §§ 171, 172 Abs. 4 HGB. Nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB haftet der Beklagte als Kommanditist der Obergesellschaft den Gläubigern der (Ober)-Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar, soweit diese an ihn zurückbezahlt wurde. Fraglich war, ob der Kläger als Insolvenzverwalter der Untergesellschaften diese Einlage beim Beklagten einziehen konnte. Dies ist eine Frage des § 171 Abs. 2 HGB. Danach wird während der Dauer eines über das Vermögen der Gesellschaft eröffneten Insolvenzverfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs. 1 HGB zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter ausgeübt.
Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen: Für Ansprüche der Gläubiger der Untergesellschaften aus der Kommanditistenhaftung nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB gegen den Beklagten greife § 171 Abs. 2 HGB nicht, weil über das Vermögen der Obergesellschaft kein Insolvenzverfahren eröffnet war, mithin der Kläger insoweit nicht als (deren) Insolvenzverwalter gem. § 171 Abs. 2 HGB einziehungsberechtigt sei.
Diese Frage entschied der BGH anders: Die Kommanditisten der Obergesellschaft haften gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft. Diese Haftung wird in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über das Vermögen der Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
In einer doppelstöckigen KG haftet die Obergesellschaft gem. §§ 171, 172 HGB für die
(Dritt-)Verbindlichkeiten der Untergesellschaft. Für diese Haftung der Obergesellschaft haften wiederum deren Gesellschafter (wie der Beklagte). Dementsprechend können außerhalb der Insolvenz die Gläubiger der Untergesellschaft auf die Kommanditisten der Obergesellschaft zugreifen.
In der Insolvenz der Untergesellschaft wird diese Haftung von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über die Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Hierfür spricht Sinn und Zweck von § 171 Abs. 2 HGB: Zweck der Vorschrift ist, dass die berechtigten Gesellschaftsgläubiger (der Untergesellschaften) an den Vermögenswerten, die ihnen haften, gemeinsam anteilig partizipieren. Anderenfalls könnten die Gläubiger der Untergesellschaft unter Umgehung des Insolvenzverwalters direkt auf die Kommanditisten der Obergesellschaft zugreifen, so dass dessen Einziehungsbefugnis gegen die Obergesellschaft unter Umständen ins Leere ginge.
Dies könne aber nur solange gelten, als über das Vermögen der Obergesellschaft kein Insolvenzverfahren eröffnet ist. Sei dies der Fall, greife § 171 Abs. 2 HGB zugunsten des Insolvenzverwalters der Obergesellschaft.
III. Bewertung
Der instanzgerichtliche Meinungsstreit zu § 171 Abs. 2 HGB in dieser Situation (vgl. Tz 18, 19 des Urteils) ist damit entschieden. Das Ergebnis einer Klage hängt in gleichen Fällen künftig davon ab, ob - auch noch im Verfahrensverlauf - über das Vermögen der Obergesellschaft Insolvenz eröffnet wird.
Zusätzlich festzuhalten ist, dass Kommanditisten einer Obergesellschaft auch Drittgläubigern der Untergesellschaft haften, wenn ihre Hafteinlage nicht vollständig geleistet ist. Das kann im Fall von solch meist steuergetriebenen Investments im Rechtskleid von GmbH & Co. KGs schnell passieren, vor allem, weil oft die Ausschüttungen den erwirtschaften Gewinn übersteigen.