EuGH stellt klar: Urlaub kann man auch während der Quarantäne genießen

In den Hochphasen der Corona-Pandemie kam es nicht selten zu der Konstellation, dass ein Arbeitnehmer während seines genehmigten Urlaubs aufgrund einer Quarantäneverfügung zuhause bleiben musste. Gesetzlich war bis September 2022 nicht vorgesehen, dass Urlaubstage während einer Quarantäne wieder „gutgeschrieben“ werden, weil der Erholungszweck nicht erreicht werden könne. Eine solche Gutschrift erfolgte nur dann, wenn ein Arbeitnehmer tatsächlich an COVID erkrankt gewesen wäre.

Dies führte zu einer nicht unbedeutenden Zahl von Rechtstreitigkeiten in der gesamten Republik, in denen Arbeitnehmer eine Gutschrift forderten. Die überwiegende Mehrheit der Instanzgerichte hat die Rechtsauffassung vertreten, dass eine entsprechende Anwendung von § 9 BUrlG (Gutschrift von Urlaubstagen bei Krankheit) nicht in Betracht käme, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Manche Gerichte formulierten gar das Problem verkürzend, dass eine Erholung auch in den eigenen vier Wänden möglich sei, da es eine Vielzahl von Freizeitaktivitäten (Fernsehen, Internet, Spielekonsolen, Stricken) gäbe, die in der eigenen Wohnung ausgeübt werden könnten. Vereinzelte Gerichte gaben den Arbeitnehmern hingegen recht und argumentierten, dass der Erholungszweck während der Quarantäne gerade nicht erreicht werden könne und daher die Urlaubstage gutzuschreiben wären.

Auf Vorlage des Arbeitsgerichts Ludwigshafen hat der Europäische Gerichtshof (C-206/22 „Sparkasse Südpfalz“) heute entschieden, dass das deutsche Recht, welches eine solche Regelung nicht vorsieht, insofern auch mit europäischem Recht vereinbar ist. Denn es sei insbesondere mit Art. 7 Abs. 1 der europäischen „Arbeitszeitrichtlinie“ (RL 2003/88/EG) vereinbar, dass eine Quarantäne dem Erreichen des Erholungszwecks nicht entgegensteht.

Der EuGH bestätigt mithin die arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung der meisten deutschen Instanzgerichte. Das Bundesarbeitsgericht, welches selbst in einem anderen Fall den EuGH zu einer vergleichbaren Frage angerufen hat, wird im Zweifel die abweichende Rechtsprechung in etwaigen Revisionsverfahren noch korrigieren.

Die Klarstellung des EuGH betrifft allerdings nur solche Quarantänefälle, die vor dem 17. September 2022 eintraten. Denn mit Wirkung ab diesem Datum hat der deutsche Gesetzgeber in § 59 Abs. 1 IfSG vorgesehen, dass die Tage der Quarantäne nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen sind.

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