Neues zum Influencer-Marketing aus Köln

Das OLG Köln hat in einer jüngeren Entscheidung restriktive Maßstäbe in Sachen Influencer-Marketing gesetzt. Das Gericht entschied dabei nicht nur, dass das redaktionelle Trennungsgebot auch im Social-Media-Auftritten streng zu beachten ist und die Pflicht zur besonderen Kennzeichnung von Werbung auch dann bestehen kann, wenn Influencer und verlinktes Unternehmen gar nicht über einen Sponsorenvertrag verbunden sind. Es wich auch von einer vorangegangen, deutlich liberaleren Entscheidung des OLG München im Zusammenhang mit der Influencerin Cathy Hummels ab und kritisierte zudem einen von Bundesregierung verabschiedeten Gesetzesentwurf zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht deutlich.

Hintergrund der Entscheidung

Hintergrund der Entscheidung waren mehrere Posts einer bekannten Bloggerin im Bereich Mode und Lifestyle auf dem Social-Media-Portal Instagram, auf der sie sich in Outfits verschiedener Modemarken zeigte und jeweils die Unternehmenswebseiten dieser Marken „taggte“. Bei „Tags“ handelt es sich um Markierungen, welche in Social-Media-Posts eingebettet werden und somit einen Bezug zu abgebildeten Gegenständen herstellen. Der Kläger (Verband Sozialer Wettbewerb e.V.) monierte, dass die Posts nicht als Werbung gekennzeichnet wurden. Zwar erhielt die Bloggerin keine unmittelbaren Zuwendungen für die streitgegenständlichen Posts, jedoch bestritt sie auch nicht, dass ihre Blogger-Tätigkeit grundsätzlich durch die Gegenleistung von Unternehmen (u.a. Kooperationen, Einladungen zu Events und Erhalt von Gratisprodukten) finanziert wird und sie sich auch zukünftig Kooperationen mit Unternehmen erhofft.

Die Bloggerin wurde bereits in der Vergangenheit wegen der Verletzung von Kennzeichenpflichten vom Kläger abgemahnt und gab daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Da der Verband in den oben beschriebenen Posts einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung sah, mahnte er die Bloggerin erneut ab. Gegen diese Abmahnung wehrte sich die Bloggerin vor Gericht; jedoch ohne Erfolg.

Eine geschäftliche Handlung kann auch ohne subjektive Förderabsicht vorliegen

Ausgangsfrage des Rechtsstreits war, ob die Bloggerin durch die Nichtkennzeichnung eines kommerziellen Zwecks ihrer Posts unlauter im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG gehandelt hat. Danach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (sogenanntes „Trennungsgebot“).

Für die Anwendbarkeit des Lauterkeitsrechts ist daher stets Voraussetzung, dass die Posts überhaupt eine geschäftliche Handlung darstellen. Die Einordnung von Social-Media-Posts als geschäftliche Handlung ist jedoch bis heute höchst umstritten. Eine geschäftliche Handlung setzt generell voraus, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen der beleuchteten Handlung und einer Absatzförderung besteht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG).

Das OLG Köln nahm eine geschäftliche Handlung bei den streitgegenständlichen Posts an. Hieran ändert nach Auffassung des Gerichts auch der redaktionelle und informierende Gehalt der Posts nichts. Auch journalistische oder journalismusnahe Tätigkeiten unterliegen einer lauterkeitsrechtlichen Kontrolle, sofern die jeweiligen Beiträge jedenfalls mittelbar durch Werbung finanziert werden. Diesbezüglich stellte das Gericht fest, dass im Einzelfall keine explizite Förderabsicht nachweisbar sein muss; bereits der objektive Zusammenhang mit einer Förderung oder Begünstigung kommerzieller Zwecke reicht also aus.

Wenn für die jeweilige Veröffentlichung eine Geld- oder sonstige Gegenleistung tatsächlich geleistet wurde, liegt eine mittelbare Werbefinanzierung in jedem Fall vor. Schwieriger sind hingegen Fälle zu beurteilen, bei denen eine Entgeltleistung nicht nachweisbar ist. Hier stellt die Rechtsprechung bei Social-Media-Auftritten auf bestimmte Indizien ab: u. a. das Vorhandensein eingebetteter Tags mit Verlinkung zur Herstellerwebseiten und die hohe Anzahl an Followern. Diese Kriterien waren unstreitig erfüllt. Die Bloggerin zählt laut Rankings sogar zu den erfolgreichsten Influencerinnen.

Redaktioneller Teil rechtfertigt nicht ohne weiteres eine andere Beurteilung

Während das OLG München in einer ähnlich gelagerten Entscheidung eine geschäftliche Handlung ausschloss, da es explizit den redaktionellen Informationsgehalt der Posts und die generellen Bedürfnisse einer mittelbaren Werbefinanzierung in anderen Medien (insb. Modezeitschriften) würdigte, überwiegt für das Kölner Gericht die Gefahr, dass gerade im Rahmen von Social-Media-Auftritten redaktionelle und kommerzielle Interessen schnell vermischt werden und so eine klare Trennung zwischen redaktionellem Teil einerseits und kommerzieller Werbung andererseits oft nicht mehr gewährleistet ist:

„Die Bekl. hat im hier zu beurteilenden Fall eingeräumt, dass es ihr in ihren Blogs darum geht, ein möglichst authentisches Bild ihrer Lebensumstände und Modeinteressen zu vermitteln, sie andererseits aber auch Kooperationen mit Unternehmen jedenfalls unterhalten hat und mit ihren Postings auch Unterstützung von Unternehmen, etwa mit dem Motiv 3 – Oktoberfest, entgegennimmt. Gerade deshalb bleibt unklar, ob die redaktionellen oder die kommerziellen Interessen überwiegen oder ob sie geradezu vermischt werden.“

Vermutung eines kommerziellen Zwecks

Des Weiteren entschied das Gericht, dass eine Vermutung für eine kommerzielle Zwecksetzung auch bei Instagram-Posts anzunehmen ist und kritisierte in diesem Zusammenhang die in einem Referentenentwurf vorgeschlagene Neufassung des § 5a Abs. 6 UWG deutlich. Danach soll die Regelung künftig wie folgt ergänzt werden:

„(…) Bei einer Handlung ausschließlich zugunsten eines fremden Unternehmens ist nur dann ein kommerzieller Zweck anzunehmen, wenn der Handelnde ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält.

Diesen Regelungsvorschlag, der auch im Januar 2021 verabschiedeten Regierungsentwurf umgesetzt wurde, hält das Kölner Gericht weder für angemessen noch für europarechtskonform.

Kenntlichmachung ist auch nicht entbehrlich

Die Kenntlichmachung ist gerade bei followerstarken Profilen auch nicht entbehrlich – so das OLG Köln. Gerade weil Influencer besonderen Wert auf ihre Authentizität legen und sich oft auch zu gesellschaftlichen oder auch politischen Themen persönlich äußern, sei es für den Verbraucher besonders wichtig, dass kommerzielle Motive in sozialen Netzwerken klar gekennzeichnet werden; auch wenn den angesprochenen Verkehrskreisen das Bestehen von Werbekooperationen generell bekannt ist.

Folgen für die Praxis

Auch das OLG Köln schließt sich einer zunehmend restriktiveren Rechtsprechung im Zusammenhang mit Kennzeichnungspflichten bei Social-Media-Auftritten an. Verstöße können nicht nur mit Unterlassungsansprüchen abgemahnt werden, sondern auch Schadensersatzansprüche auslösen. Influencer und auch kooperierende Unternehmen, denen die Posts gegebenenfalls zugerechnet werden können, sollten daher vorsichtig im Umgang mit Social-Media-Posts sein, die jedenfalls mittelbar irgendwie kommerziell intendiert sind. Im Zweifel sollte – jedenfalls vor dem Hintergrund fehlender höchstrichterlicher Entscheidungen – ein denkbarer kommerzieller Zweck besser gekennzeichnet werden.