Hintergrund
Facebook und Google haben es schon angekündigt und es ist de facto sicher, dass weitere Arbeitgeber in den USA folgen werden: Solche, die eine Präsenz von Arbeitnehmern im Büro von einer Impfung gegen das Coronavirus abhängig machen. Dürften sie das auch in Deutschland?
Die Frage
Das Thema der staatlichen Impfpflicht wird derzeit kontrovers diskutiert und es gibt einen bunten Strauß an Meinungen zur verfassungsrechtlichen, einfach-gesetzlichen und auch zur ethischen Zulässigkeit – ein Thema also, das hier den Rahmen sprengen würde. Die Frage ist vielmehr, ob ein Arbeitgeber die individuelle Rückkehr eines Arbeitnehmers aus dem HomeOffice ins Büro von seiner Impfung und einem entsprechenden Nachweis abhängig machen dürfte.
Die Antwort
Dreh- und Angelpunkt bei der Beantwortung der Frage ist das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB, nach dem ein Arbeitgeber nach zulässiger Ausübung eines Rechts durch den Arbeitnehmer diesen bei einer Maßnahme nicht benachteiligen darf. Die Verweigerung einer Impfung gegen das Coronavirus stellt mangels staatlicher Impflicht eine zulässige Rechtsausübung seitens des Arbeitnehmers dar. Die Entscheidung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nicht im Büro, sondern weiter im HomeOffice zu beschäftigen, ist die kausale Reaktion hierauf.
Dennoch sprechen gute Gründe dafür, dass kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vorliegt. Es kann mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Maßregelungsverbot argumentiert werden, dass sich das Verhalten des Arbeitgebers an der Rechtsordnung orientiert und daher schon keine Benachteiligung vorliegt. Daneben ist die Impfverweigerung des Arbeitnehmers nicht das wesentliche Motiv des Arbeitgebers für die Aufrechterhaltung des HomeOffice:
Der Arbeitgeber ist gegenüber den anderen Arbeitnehmern aufgrund seiner Fürsorgepflicht zum Gesundheitsschutz verpflichtet. Denn von nicht-geimpften Arbeitnehmern geht wohl auch ein höheres Ansteckungspotential aus. Der Arbeitgeber kommt durch die individuelle Aufrechterhaltung des HomeOffice seinen (gesetzlichen) Verpflichtungen zur Vermeidung von Infektionen am Arbeitsplatz nach, ohne dass hierin eine „Bestrafung“ des jeweiligen Arbeitnehmers zu sehen ist.
Darüber hinaus übt der Arbeitgeber sein grundsätzliches Hausrecht aus und der (wohl stärkere) Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers wird auch durch die Beschäftigung im HomeOffice erfüllt.
Aus diesen Gründen dürfte es auch nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, wenn der Arbeitgeber innerhalb eines Hygienekonzepts für Sozialeinrichtungen – insbesondere sei an Kantinen oder enge Pausenräume gedacht – eine (lokale oder zeitliche) Gruppeneinteilung vornimmt. Denn auch hier geht der Gesundheitsschutz insgesamt vor.
Es wären aber die datenschutz- und mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Insbesondere wäre ein errichteter Betriebsrat möglicherweise aufgrund seiner Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen.